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Liebe Leser,

kürzlich war ich mal wieder bei meinem herzallerliebsten Hausarzt Dr. Jell zum allumfassenden Gesundheitscheck. Blutwerte und Urin untersuchen, ob darin böse Substanzen verborgen sind. Mit der gummibehandschuhten Hand 45 cm in den Anus hineinlangen, um zu spüren, ob die Prostata noch in angemessener Größe fungiert. Die Eier abtasten, ob sie gleich groß sind (oh Gott, eines ist größer als das andere!) — und weitere Späßchen, die man sich einmal im Jahr gönnen darf.

Zum einen gratulierte mir Dr. Jell zu meinen Blutwerten, die seien so gut wie noch nie. »Kein Wunder« sagte ich zu ihm, »ich bin ja Sportjunkie geworden«. Ganz genau: Zeitlupenschwimmen, 2.700 Sekunden Crosstraining, die Muskelmaschinen quälen, das Dampfbad verseuchen, nackert auf der sonnigen Fitness-Terrasse herumsinnieren – alles scheinbar gut: fürs Blut (und wie sich das auch noch reimt!).

Zum anderen betatschte Dr. Jell mein kleines Bäuchlein und fragte, was damit los sei. »Nix ist los«, sagte ich, »das ist den vielen Bierchen und Kartoffelchips geschuldet, welche ich vor dem Zubettgehen in mich hineinarchiviere.« Als Jell dann noch mit seinem Instrumentarium in meinen Körper hineinröntgte, stellte er trocken fest: »Leichte Fettleber«. Was ist das für ein hässliches Wort: Fettleber. Ich kenne einige Wörter, aber sehr viel hässlichere nicht gerade.

Ich sagte zu Jell: »Aber mein Bauch hält sich doch noch in Grenzen, ist auch schon ein paar Millimeter weniger geworden, ich kann immerhin meine Zehen sehen, wenn ich gerade stehe. Das war nicht immer so«.

Nun fing Dr. Jell an zu tänzeln, klatschte rhythmisch in die Hände und sang fröhlich: »Fettleber! Fettleber!«

Das muss ich mir doch nicht geben, ich meine, darf sich ein seriöser Allgemeinarzt so aufführen? Aber irgendwie hat sein Tänzchen bei mir Wirkung gezeigt, denn ich habe nun endlich wieder ein neues Projekt für mich gefunden, in das ich mich so richtig hineinsteigern kann: Fly, Wampe, fly far away, fly through the gates of delirium, fly away und never come back to my holy body!

Ich habe gelesen, dass man bei einer Fettwampe mit Rettungsringen an den Hüften noch so viel Sport machen kann, die klebt am Körper wie Pattex, wenn man Falsches isst. Am Operationstisch wegschälen ist für mich (vorerst) keine Option, daher: Goodbye Kartoffelchips, goodbye Bierchen, goodbye alles was fett macht. Leicht wird das nicht werden, das ist mir klar. Aber es war ja auch nicht leicht, die richtige Frau zu finden. Meine Projekte sind nie Kinderspielereien, da muss man schon rackern dafür — und dabei auch die Hirntätigkeit nicht vernachlässigen.

Heute habe ich eine Scheibe Brot so langsam zwischen meinen Zähnen zermahlen, dass ich nur noch allerdünnsten Brotbrei in meinen Magen hinunterfließen lassen musste. Dazu trank ich zwei Liter Leitungswasser. So radelte ich zum Schwimmen und bewältigte 34 Bahnen. Danach gab es zur Belohnung einen weiteren Liter Leitungswasser und den Rest von der Scheibe Brot. So lässt es sich leben. Nie fühlte ich mich besser.

Ich weiß noch nicht, wie lange ich diese reduzierte Ernährungsweise auf mich nehme, aber eines weiß ich sicher: Ich höre nicht eher auf, als bis die Wampe komplett weg ist. Damit Dr. Jell in meiner Gegenwart nicht mehr »Fettleber! Fettleber!« intonieren muss, das soll er dann bei wirklich dicken Menschen singen, aber bloß nicht bei mir.

Ich will nie mehr Kartoffelchips essen, doch das ist wahrhaftig der größte Verlust in meinem Leben der Genüsse. Es heißt ja, dieses Lebensmittel habe schlechte Fette! Dagegen soll ich jeden Tag bitteschön einen Teelöffel Kokosfett verzehren — sagt eine Heilpraktikerin, die mich quälen will. Wohlgemerkt: Kein Kokoseis schlecken, sondern nur schmieriges Fett von der Kokosnuss. Grausame Welt, aber so ist es — und sofort muss ich wieder meinen Lieblingsspruch anbringen: Nur die Harten kommen in den Garten. Will ich in den Garten? Jawoll! Und zwar wampenfrei!

Ich werde in Blog Nr. 1486 berichten, ob ich sie losgeworden bin, die konvexe Unerfreulichkeit — und damit auch das zuviele Fett an der Leber.

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