Liebe Cremende,

das Thema ist so bedeutend für mich, dass ich es bereits in meinen Blog-Anfangszeiten behandelt habe, nämlich in Blog 010, Ende des Jahres 2017. Damals konnte man noch in Läden gehen, ohne Schutzmaske, man konnte sich dort das ausgetrocknete Gesicht eincremen, ohne vorher das lästige Ding lupfen zu müssen. Nun gut, darüber will ich nicht lamentieren — wer cremt sich schon in Läden das Gesicht ein, außer einem merkwürdigen Mann mit merkwürdigem Suchtverhalten.

Das Produkt gibt es bereits seit Dezember 1911, zu dieser Zeit wurde es von der Firma Beiersdorf in Apotheken und Drogerien erstmals angeboten, die große Dose zu einer Mark. Diese Dose war noch nicht blau, sondern pastellgelb mit rotgrünem Schnörkelrand, auch der legendäre Schriftzug war noch ein verschnörkelter. Beiersdorf brachte mit der Nivea Creme ein Hautpflegeprodukt auf den Markt, welches neben Fett auch Feuchtigkeit spendete und damit eine Weltneuheit war.
14 Jahre später wurde die Dose blau, der Schriftzug war aber noch nicht der von heute. Ob man mit der Zeit auch die weiße Substanz verändert hat, müsste nachzulesen sein, mir ist das jetzt gerade wurscht.

Jedenfalls: 53 Jahre später wurde die Niveacreme vom 18-jährigen Zinkl ausprobiert, regelmäßig verwendet — und seine Haut ist ziemlich bald danach süchtig geworden, so dass er davon bis zum heutigen Tage nicht ablassen kann. Er geht nicht aus dem Haus ohne eine Minidose dabei zu haben, in seinem Wohnbüro stehen mindestens drei Riesendosen verteilt an gut zugänglichen Stellen, in einer Vorratsschublade sind weitere 20 Dosen in diversen Größen versammelt.

In den 80er Jahren dachte sich der Beiersdorf-Konzern wohl, die Niveacreme ist schon arg weiblich. Und beauftragte eine renommierte Werbeagentur für enorm viel Geld, etwas dafür zu tun, dass auch harte Männer sich nicht scheuen, diese wunderbare Substanz auf ihre Haut zu schmieren. So wurde der Name „Nivea for Men“ erfunden und mit ihr gleich eine ganze Reihe von Pflegeprodukten für den Patriarchen.

Weil ich kein harter Mann bin, habe ich diese gesamte Produktfamilie für Männer links liegen gelassen und bin bei der stinknormalen weiblichen Niveacreme geblieben, mehr habe ich nie gebraucht und will ich auch nicht brauchen, bis ich mit 99 Jahren im Sarg liege, mit einer kleinen blauen Dose in der Jeans.

Der legendäre Fußballtrainer Jogi Löw wurde ordentlich dafür bezahlt, für NIVEA MEN zu werben. Nun ist er anscheinend bei Beiersdorf in Ungnade gefallen, weil er letztens nicht mehr ganz so erfolgreich gewesen ist. Ich dachte mir immer, Jogi und Nivea, das passt schon. Er war ja immer sehr eng mit Hansi Flick, wie eng, das weiß ich nicht, aber irgendwie konnte ich mir gut vorstellen, dass Jogi seine empfindlichsten Körperstellen mit Nivea umgab.

Vor einigen Tagen habe ich herausgefunden, dass Beiersdorf einen weiteren Fußballtrainer engagiert hat, um für Nivea Men zu werben. Jawohl, anscheinend muss diesen Job unbedingt ein Mann mit genau diesem Beruf machen, am besten einer, der zusätzlich noch ziemlich eitel ist, der auf sich schaut. Und wen gibt es da besseren als Weißbier-Klopp?

Ich radele ja viel kreuz und quer in München und Umland herum — wie oft mir da der begeistert grinsende Jürgen als Anbieter dieses Erdinger Alkoholprodukts schon von den Litfasssäulen herunter in die Augen gestochen ist, das geht auf keine Kuhhaut.
Ziemlich nervig finde ich das — ich weiß nämlich schon lange, wie das Weizen vom Weißbräu schmeckt, daran muss mich niemand erinnern, auch nicht daran, dass man das Weizen noch besser am Wochenende genießen kann. „Weißbier ist Wochenende.“ Will mir wohl sagen, dass Jürgen K. als vorbildlicher und disziplinierter Chief beim Herumscheuchen seiner englischen Schützlinge frei von Alkohol agiert und erst ab Samstagabend nach dem Sieg über Manchester sich ein Weißbier oder gleich mehrere genehmigt.

Nun also auch noch Nivea-Klopp! Herrschaftszeiten, verdient der Mann denn nicht schon genug Kohle für seine hervorragende Arbeit als Trainer? Muss man ihm weitere Millionen in den Rachen stecken?
Aus der Sicht der Beiersdorfer Werbefuzzis ist die Maßnahme korrekt. Jürgen Klopp ist ein absoluter Sympathieträger weit und breit, er macht alles richtig, er ist schön, er pflegt seinen Bart, er hat sich Haare einpflanzen lassen, so wie Elton John. Auch Frauen finden ihn toll.
Und Klopps Gebiss ist ein Paradebespiel von enormer Zahnpflege. Schon auf den Litfasssäulen hat er mich damit geblendet, so dass ich fast vom Rad gefallen bin. Wahrscheinlich hat das Bildbearbeitungsprogramm Photoshop noch etwas vom realen Gelbstich wegretuschiert, aber ich glaube schon, dass da gar nicht mehr so viel getan werden musste bei den Beißerchen vom Jürgen.

Ich frage mich, wieso das neue Produkt BLENDAX BRUTALWEISS nicht von Herrn Klopp beworben wird. Das würde viel besser passen als Nivea. Wenn ich mir nämlich einen Mehrtagebart stehen lasse, dann sehe ich mit eingecremten Gesicht aus wie aus einer tiefen Gletscherspalte herausgekrochen.
Klopps graumelierter Bart würde damit komplett weiß erstrahlen und seinem Gebiss Konkurrenz machen. Ich nehme daher an, dass Klopp eher Nivea Rasierwasser fürs Gesicht verwendet. Falls überhaupt. Man muss ja echt nicht glauben, dass VIPs als Werbeträger die von ihnen beworbenen Produkte auch wirklich verwenden. Wer weiß, ob George Clooney oder sein aktueller Nachfolger Brad Pitt wirklich Nespresso süffeln. Könnte sein, fast jeder Mensch trinkt ja Kaffee.

Ich fürchte mich jedenfalls davor, dass nun weitere Litfasssäulen mit Nivea-Klopp beklebt werden, um die Nivea Men-Pflegeserie zu pushen. Ein gutes Produkt hat sowas doch nicht nötig, finde ich. Allerdings muss ich da meine Ex Kiki zitieren: „Wer nicht wirbt, der stirbt.“ Das hat sie immer gesagt, als engagierte Mitarbeiterin in Werbeagenturen.

Zinkl wird jedenfalls das Wilkinson Rasierwasser und eben seine absolut weibliche Niveacreme weiterhin intensiv verwenden, ob diese Produkte in der Werbung Berücksichtigung finden oder nicht. Er wäre darüber hinaus ein wirklich überzeugendes Testimonial für diese Substanzen, denn er könnte die Begeisterung dafür mit wesentlich mehr Authentizität rüberbringen als Klopp & Co., denen man ansieht, dass sie das Zeug in Wirklichkeit gar nicht verwenden. Klopp benutzt sicher sauteure Luxuskosmetik von Cell Premium oder Ginzai, um sich zu verschönern und zu erhalten, leisten kann er sich das ja locker.

In diesem Sinne: Die ausgetrockneten Fingerchen nun von der Tastatur nehmen und darauf einen feinen strahlendweißen Klecks Nivea verteilen. Für die weichesten übersechzigjährigen Männerhände ever. Zwei sonnige freie Tage wünsche ich euch, mit den abschließenden Worten: Nivea ist Wochenende!

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