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Liebe Leserinnen und Leser,

in meinem letzten Blog Nr. 288 „Inkasso“ berichtete ich wahrheitsgemäß über den Anruf eines gewissen Manfred Hoechst, welcher mir spontan 980 Euro aus den Rippen leiern wollte. Ich gab ihm daraufhin zu verstehen, dass ich ohne ein glaubwürdiges schriftliches Dokument freilich keine Zahlung an sein Bankkonto veranlassen würde. Damit dachte ich, diese Sache wäre aus der betrügerischen Welt geschafft.

Mitnichten. Gestern erhielt ich über meine E-Mail-Adresse jenes Dokument, welches ich von Herrn Hoechst angefordert hatte. Es war ein Schreiben von der Hamburger Behörde für Justiz und Verbraucherschutz. Unter dem Aktenzeichen AZ:EJAZ/1463/2023 teilen mir der Hilfsrechtpfleger J. Stern und der Rechtspfleger P. Klee mit, dass die Behörde ein gerichtliches Mahnverfahren gegen mich eingeleitet habe. Ich darf dieses Dokument hiermit meiner Leserschaft zur Verfügung stellen, welches mir zugegebenermaßen einen gehörigen Schrecken einzujagen verstand:

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Nachdem ich dieses Schreiben aufmerksam studiert hatte und mit Erstaunen feststellen konnte, dass im rechten oberen Adressbereich „Amstgericht Hamburg“ geschrieben steht, verflog mein Schrecken relativ schnell. AMSTGERICHT!

Nun, da hatte sich Herr Hoechst eine solche Arbeit und Mühe gemacht, dieses schöne Dokument zu erstellen — aber dann doch einen verhängnisvollen Fehler begangen. Wahrscheinlich hält der Brief einer genauen Überprüfung nicht im Geringsten stand, aber dieses „Amstgericht“ gab mir dann doch sehr schnell den Hinweis darauf, dass sich die echte Hamburger Behörde für Justiz und Verbraucherschutz einen solchen Fauxpas wohl kaum geleistet hätte.

Kurz nachdem ich dieses Schreiben erhalten hatte, klingelte das Telefon und wer war dran? Der gute Herr Hoechst!

Hoechst: Guten Tag, Herr Zinkl, erinnern Sie sich an mich? Wir haben vorgestern miteinander telefoniert. Sie hatten ein schriftliches Dokument von mir erbeten, welches ich Ihnen gerade geschickt habe. Haben Sie das Schreiben erhalten?

Zinkl: Guten Tag, Herr Hoechst, natürlich erinnere ich mich. Und richtig, das Schreiben ist bei mir angekommen. Vielen Dank.

Hoechst: Herr Zinkl, wie wollen wir in dieser Sache weiter verfahren? Ich denke, dass nach Klarlegung der Fakten über dieses Dokument eine außergerichtliche Einigung in Ihrem Sinne wäre. Meinem Schreiben liegt eine Einzugsermächtigung bei, welche Sie nur unterschreiben müssen. Damit wäre dann diese unangenehme Sache für Sie problemlos aus der Welt geschafft.

Zinkl:
Herr Hoechst, Sie haben sich da eine Arbeit gemacht, die ich sehr wohl respektiere. Allerdings fallen mir als professioneller Grafik-Designer eine paar Dinge auf, die mich etwas skeptisch machen. Als erstes: Die Behörde für Justiz und Verbraucherschutz in Hamburg gibt es natürlich schon, aber dass diese Behörde ihr Logo so dermaßen plakativ in den oberen Bereich stellt, das ist ungewöhnlich. Mir ist ja klar, was Sie damit bezwecken wollen, aber das Logo nur halb so groß würde dem Schreiben deutlich mehr Authentiziät  verleihen.

Was Sie sich bei Ihrem Vorhaben aber wirklich nicht erlauben dürften, das sind so krasse Tippfehler wie jener in der Adresse rechts oben. Amstgericht. Ich bitte Sie! Und unten haben Sie das Wort „Daten“ mit kleinem „d“ geschrieben. Und in dem Brief steht „Beitrage“ anstatt „Beiträge“. Also, so etwas geht einfach nicht. Damit können Sie vielleicht eine arme alte Großmutter hinters trübe Licht führen, aber ich darf Ihnen versichern, dass ich recht erleichtert bin, dass es sich bei Ihnen tatsächlich um einen schmierigen Betrüger handelt, welcher auf korrekte Orthografie zu wenig Wert legt.

Sagen Sie einmal, schämen Sie sich denn überhaupt nicht? Sie geben auf Ihrem Schreiben außerdem eine Telefonnummer an, mit der Vorwahl 04523. Das ist nicht die Vorwahl von Hamburg, sondern von einem Ort namens Malente in Schleswig-Holstein. Wenn ich jetzt auflegen würde und diese Nummer wählen, würde ich dann einen Herrn J. Stern oder einen Herrn P. Klee oder sogar Sie, Herrn Hoechst, erreichen? Das darf ich bezweifeln. Was sagen Sie dazu?

Hoechst:
(sagt gar nichts dazu, sondern hat aufgelegt).

– – – – – –

Liebe Leserinnen und Leser,

diese Sache beschäftigt mich nach wie vor. Wie ist Manfred eigentlich an meine Daten gekommen? Ich war ja vor zwei Wochen mit Alexandra in Schleswig-Holstein im Urlaub und wir hatten eine Übernachtung in dem kleinen Ort Neufeld, an der Küste im landschaftlich wunderschönen Kreis Dithmarschen. Dort wohnten wir in einem Ferienhaus, welches so dermaßen toll und opulent eingerichtet ist, dass wir dachten, es haut uns den Vogel raus. Die Schlafzimmer sind mit Spots vom Parkettboden aus bunt beleuchtet und an den Betten sind LED-Lichtbänder angebracht. Das Badezimmer hat ein Bullauge und wirkt, als wäre man auf einem Kreuzfahrtschiff der obersten Luxusklasse. Die Handtücher und die Bettlaken sind, aristokratisch wirkend, mit dem Logo des Ferienhauses bestickt. Die Ausstattung der Küche lässt keine Wünsche offen. Alle Zimmer sind mit vielen kreativen und hochwertig wirkenden Dekorationselementen garniert. Wenn man auf der Terrasse auf dem Schaukelstuhl sitzt, kann man nur fünf Meter entfernt auf dem Deich die Schafe grasen sehen. Und das ganze Haus kostete uns für diese eine Übernachtung schlappe 75 Euro.

Alexandra und ich dachten uns: Dieses Ferienhaus muss von einem exzentrischen Millionär eingerichtet worden sein, der Freude daran hat, seine Gäste für ganz wenig Geld aufs Feinste zu verwöhnen. Wir argwöhnten aber auch, dass da was faul sein müsse. Geldwäsche? Die Mafia in Schleswig-Holstein? Eine raffinierte Möglichkeit, über booking.com an die Adresse und das Geburtsdatum des Ferienhausgastes zu gelangen — um jenem dann eine Woche später mit einem unerfreulichen Anruf und gefaktem Amtsbrief etwas mehr Geld aus der Tasche zu ziehen?

Okay, okay, diese Theorie ist natürlich an den Haaren herbeigezogen und wirklich absurd. Aber merkwürdig ist das alles schon. Ich würde so gerne noch einmal mit Manfred Hoechst sprechen, aber tatsächlich ist er unter dieser angegebenen Telefonnummer nicht zu erreichen. Ständig das Besetztzeichen. Wie Manfred wohl aussieht? Wo er wirklich wohnt? Ob er arm ist oder reich? Hatte er eine unglückliche Kindheit? Hat er einen befreundeten Grafiker, der ihm seine Behörden-Briefe zusammenmurkst und sich dabei mehrmals vertippt? Fragen über Fragen, die auf eine Antwort warten.

Aber eines darf abschließend gesagt sein: DIESES Ferienhaus „ELB-HUS HAI“ in Neufeld im Kreis Dithmarschen ist wirklich eine Wucht. Ich würde dort mit Alexandra liebend gerne nochmal wohnen — und dann aber gleich für eine ganze Woche. Jedoch: Die lange Fahrerei von München ist eine Sache, die uns etwas abschreckt. Immerhin sind es 830 Kilometer. Aber vielleicht wohnt inzwischen Manfred Hoechst drin. Das wäre eine gute Gelegenheit, um sich mit ihm anzufreunden.

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