
Liebe Schiffsreisende,
am späten Sonntagabend, gleich nach dem Münchner Tatort, gleitet die Edelweiss in den Amsterdamer Hafen hinein, um Alexandra und mir die dortige unvergleichliche und wunderbunte Skyline von Hollands Hauptstadt zu präsentieren. Meine Liebste, ausgewiesene Kreuzfahrtspezialistin, hat durchaus recht, wenn sie mich darüber belehrt, dass man manch Großartiges eben nur vom Schiff aus sehen kann. Unsere große Reise, die vor wenigen Tagen in Basel begann, hat damit ihren Höhe- und leider auch schon Wendepunkt erreicht. Denn ab morgen geht es wieder südwärts.
Vorgestern nachmittags sind wir noch im Kölner Dom gewesen. Unser Reiseveranstalter hat gut vorgesorgt: In den Kabinen gibt es kleine Funkgeräte in einer Akkustation, die wir an Kopfhörer anschließen und mitnehmen sollten, als eine sehr informative, 90-minütige Tour durch die Kölner Innenstadt durchgeführt wurde. Zum ersten Mal habe ich eine Führung mitgemacht, bei der ich jedes Wort akustisch verstehen konnte, auch wenn ich der führenden Dame zehn Meter hinterherwatschelte. Nun weiß ich, woher der Name Cologne kommt: Eine selbstbewusste Römerin namens Agrippina zeichnet dafür verantwortlich. Sie wurde in Oppidum Uborium (dem heutigen Köln) geboren, hat es im antiken Rom weit gebracht und wurde schließlich von ihrem Sohn Nero vergiftet. Aber dies nur nebenbei.
Die Edelweiss hält sich nirgends lange auf, denn es gilt ein straffes Tourprogramm zu absolvieren. Während unsere Rheinfahrt die ersten zwei Tage (und Nächte) wegen der vielen Schleusen-Wartezeiten noch etwas schleppend verlief, geht es seit Köln sehr flott voran und wir schippern nun bereits durch die vielfältige holländische Flusslandschaft. Ich bin ja ein sehr großer Fan der niederländischen Architektur und mir geht das Herz auf, sowohl bei den leckeren Backsteinfassaden als auch bei den architektonischen Großtaten wie der Erasmusbrücke in Rotterdam oder dem Utrechter Bahnhof.
Gestern nachmittags hielt unser Schiff in Schoonhoven, einem ganz wunderhübschen Örtchen. Von dort aus wurden die Reisegäste mit dem Omnibus zu einer der größten Touristikattraktionen kutschiert, nämlich zu den historischen Windmühlen von Kinderdijk. Wieder bestens präpariert mit unseren Funkgeräten erfuhren Alexandra und ich so einiges darüber, wie die Holländer es seit der Antike schaffen, nicht überflutet zu werden. Die Römer haben sich damals gesagt: In dieser Sumpflandschaft können wir nix Gescheites bauen, dazu haben wir nicht den Nerv. Also siedelten sich Leute an, die mit ihren Windmühlen Pumpanlagen erschufen, die es ermöglichten, ihre zahlreichen und von Hand gegrabenen Kanäle im Gleichgewicht zu halten. Oder so. Wer das ganz genau wissen muss: Bitteschön, Wikipedia. Außerdem kommen aus Holland nicht die besten aber die allermeisten Tomaten. Tomaten für die ganze Welt. Die Schweine für den Parmaschinken kommen übrigens auch aus Holland.
Wo wir gerade beim Essen sind: Ich habe mich gestern nach der Rückkehr aus Kinderdijk im Restaurant der Edelweiss so sehr mit sonntagnachmittäglichem „High Tea“-Süßkram aufgefüllt, dass ich danach eine schwere Magenverstimmung erlitt. Ich weiß seit vielen Jahren, dass ich jegliche Art von Kuchen, Torten, Waffeln oder sonstige Süßcremeschweinereien überhaupt nicht vertrage. Aber die Gier, wisst ihr, die Gier! Wenn sich diese verdammten bunten Teilchen vor einem ausbreiten wie das sündige Paradies! Dann versinkt jegliche Zinklvernunft im Deich und wird zwei Stunden später mit 50 Peitschenhieben direkt in den Magen bestraft. Ich musste deshalb auf das gute viergängige Abendmenü verzichten.
Überhaupt: Es ist immens, was man den genusssüchtigen Schweizer Mittelstandsrentnern auf diesem Schiff in den Rachen schiebt. Verhungern kann hier keiner, aber man wird dafür schwer und fett. Das können die paar Landgänge auf keinen Fall ausgleichen. Aber hey, es wird doch keiner gezwungen, das alles zu essen! Tja, wenn man es doch bereits bezahlt hat, mein Gott, schnief!
Heute werden alle Passagiere ins berühmte Keukenhof-Tulpenparadies geschoben. Jetzt im April funkeln diese Pflanzen ja in voller Pracht in allen Farben. Ich war dort mit Freund Hansi schon mal im 20. Jahrhundert, wir haben damals lustige Selfies gemacht, mit einer billigen Analogkamera. Als es noch kein iPhone gab. Heute werden Alexandra und ich vermutlich ausflippen und 3.000 High-Definition-Fotos von Tulpen und Orchideen knipsen. Das wird eine Gaudi.
Fortsetzung folgt.

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Schöne Reisebeschreibung, so komm ich auch mal in den Genuss etwas von dieser Gegend mit zu bekommen!!
Weiter so….
Danke Toni,
Gruaß Bäda
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