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Liebe Vulkanforscher und -forscherinnen,

auf dem Bild seht ihr eine kopfüber hängende Fledermaus. Sie schläft aktuell im Lavakeller von Mendig, im Eiffeler Vulkanland. Dort hat uns die Edelweiss-Expedition gestern morgen hingebracht. Mendig war ab dem 16. Jahrhundert eine Bergbausiedlung — im Untertagebau wurde Basaltlava abgebaut, beispielsweise für die Produktion von Mühlsteinen. Das war, wie wir erfuhren, ein sehr hartes Leben bereits für 8-jährige Kinder, die in über 30 Meter Tiefe schuften mussten und so ihr oft ziemlich kurzes Leben verbrachten. Im 19. Jhd. hatte man in den dunklen, 8 Grad kühlen Höhlen angefangen, untergäriges Bier zu brauen. Es war damals der größte Kühlschrank der Welt und Mendig wurde DAS Bierbrauzentrum von Deutschland. Heutzutage ist das über drei Quadratkilometer große Höhlenlabyrinth aus Stollen und Schächten hervorragend geeignet, um sich dort zu verlaufen und nie mehr ans Tageslicht zu gelangen. Alexandra und ich haben daher darauf geachtet, uns von der Reisegruppe nicht allzuweit zu entfernen.

Gestern Nachmittag passierte die „Edelweiss“ wieder den romantischen Teil der Rheinfahrt, diesmal jedoch von Norden nach Süden. Wir fuhren von Koblenz über Boppard nach St. Goarshausen und darüber hinaus. Es war eine ortskundige Dame engagiert worden, die mit angenehmer Stimme über die Bordlautsprecher vier Stunden lang Geschichten zu diesem Teil der Landschaft vortrug. Beispielsweise über die Ritterbrüder Konrad und Heinrich, die beide um die schöne Angela (nein, nicht die Merkel) buhlten. Die Dame zeigte uns auf den steilen Rheinuferfelsen die Burgen „Katz“ und „Maus“. Und sie erzählte die Sage um die sieben Jungfrauen, die heiratswillige Prinzen zum Narren hielten und dabei aber im Rhein ertranken.

Schließlich kamen wir an der berühmten Statue der „Loreley“ vorbei und an dem gleichnamigen Felsen. Pünktlich verschwand die graue Wolkendecke und machte einem allerliebst leuchtenden blauen Himmel Platz. So ist es recht. Danach war ich erschöpft und legte mich ins Kajütenbett, um abends für das Gala-Dinner fit zu sein. Ich habe übrigens selten besser geschlafen als auf diesem Schiff.

lorelei

Unsere große Rheinfahrt nähert sich ihrem Ende. Heute war der letzte Tag auf der „Edelweiss“ und Wehmut überschattet unsere fröhlichen Herzen. Auf dem Programm stand ein letzter Landgang: eine Weinprobe im Schwarzwald. Der Zinkl verträgt das allseits beliebte Traubengetränk ja nicht gut, weil ihm die Weinsäure die Magenwände abnagt — eine wunderbare Voraussetzung für diese grundsätzlich erfreuliche Unternehmung.

In Plittersdorf bei Rastatt wurde die Schweizer Truppe inkl. Alexandra und mir mal wieder in einen Omnibus gepackt. Es galt, den Reisegästen die landschaftlichen Schönheiten des nordwestlichen Schwarzwalds nahezubringen. Die Reiseleiterin nahm keine Rücksicht auf die beiden Münchner, sondern schwatzte im Bus ihre Informationen zu Land und Leuten munter in Schwyzerdütsch herunter. Der Zinkl versteht das Kauderwelsch nicht, seine Geliebte jedoch durchaus, denn sie wuchs ja im Allgäu auf (die alemannischen Wurzeln!). Ewige 90 Minuten ruckelten wir bei sonnigem Wetter auf schmalen Straßen durch die hügelige Weinberglandschaft, bis zu dem Ort Kappelrodeck, der unter Kennern des badischen Weins bekannt ist als der Standort der Winzergenossenschaft „Hex vom Dasenstein“.

Eine kundige Angestellte der Weinkellerei führte uns durch die Firma und erzählte dabei auch die Geschichte der Namensgeberin — eben die Sage von der Dasensteiner Hex auf ihrem Ziegenbock. Im Jahre 1356 verliebte sich ein schönes Burgfräulein in einen Bauernsohn und wurde deshalb von ihrem Vater (dem Burgherrn) verstoßen. Danach verschmähte sie auch noch ihr Geliebter und sie lebte deshalb fortan verbittert mit einem Ziegenbock auf dem Berg Dasenstein, wo sie alt und sonderlich und von den Einheimischen als Hex bezeichnet wurde. Keine lustige Geschichte ist das, sondern ein Sozialdrama aus alter Zeit.

Bei dem Rundgang durch den Weinkeller bekamen wir zur Verkostung immerhin vier verschiedene „Hex“-Sorten angeboten, darunter auch den „Spätburgunder Weissherbst Kabinett“ und den „Spätburgunder Rotwein Alte Rebe“. Zwei ganz fruchtige Tröpfchen, welche  von der Weindame derart angepriesen wurden, dass mir nichts anderes übrig blieb, als im Shop je ein Flascherl zu erwerben. Die passen bei mir gerade noch in den Koffer. Die Verkostung habe ich dann doch ganz gut vertragen, es gibt ja Gaviscon, Halleluja!

So, diese muntere Landexkursion war nun die letzte auf unserer neun Tage währenden Rheinfahrt. Morgen ganz früh legt die „Edelweiss“ wieder in Basel an und entlässt Alexandra und mich, auf dass wir mit der Deutschen Bahn zurückrollen ins heimatliche München. Schön ist es gewesen, vor allem sehr abwechslungsreich, sehr kulinarisch, auch sehr erholsam, man musste sich um nichts kümmern — ich konnte meine Vorurteile gegenüber einer Pauschal-Kreuzfahrt ablegen. An diesem letzten Abend stellte sich die 40-köpfige Mannschaft der „Edelweiss“ im Salon den Gästen als Team vor: Erstaunlicherweise stammt ein Großteil der Mitarbeiter aus Indonesien — ALLE waren stets unglaublich freundlich und zuvorkommend. Sowas kommt einem als Münchner ja eher befremdlich vor.

Ich weiß nicht, ob ich einen solchen Urlaub noch einmal machen will, aber ich kann es für die Zukunft nicht ausschließen. Vielleicht im Jahre 2040. Da bin ich achtzig und werde mich besser integrieren. Falls mich Alexandra dann noch mitnimmt  😉

gaudi

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