Liebe Leser,
die wunderbare Sängerin Barbra Streisand hat mit 76 Jahren ein neues Album und das Lied „Don’t lie to me“ herausgebracht. Man kann es auch auf youTube hören — und sehen, dass es sich auf den aktuellen Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika bezieht. Dies nehme ich zum Anlass für ein wenig Gedankensenf meinerseits.
Seit der Urzeit sucht der Mensch nach der Wahrheit. Gleichzeitig verwendet er aber immer wieder die Unwahrheit, um seine persönlichen Ziele zu verfolgen. Keiner will gerne angelogen werden — aber jemand anderen anlügen, das wird ständig von vielen praktiziert.
Es ist ja nicht gerade mehr das Allerneueste, dass einer der größten Lügner auf der Welt gleichzeitig auch der mächtigste Mann auf der Welt ist. Das ist eine der schrecklichen Erkenntnisse im zweiten Jahrzehnt des dritten Jahrtausends nach Jesus. Aber man hat sich daran gewöhnt, darüber regt sich fast schon keiner mehr auf. Es sei dahingestellt, ob Trump aus reiner Berechnung lügt wie gedruckt oder ob er echt glaubt, in seinen diversen Proklamationen die tatsächlichen Fakten zu verkünden. Es wird ihm ja gerne unterstellt, dass er komplett irre ist, aber ich könnte mir vorstellen, dass er genau weiß, was er tut. Wie auch immer, eines ist sicher: Sein monströses Ego lässt Zweifel am eigenen Tun sowieso nicht zu. Deshalb wird es Trump nicht groß jucken, wenn man ihn als notorischen Lügner bezeichnet. Er kratzt sich am Arsch, verklagt denjenigen und lügt munter weiter.
Ebenfalls nicht ungestraft als Lügner bezeichnen lassen möchten sich bestimmt auch die sogenannten Kreationisten. Warum? Weil diese zahlreichen Leutchen nämlich glauben, dass die Bibel wortwörtlich ausgelegt absolute Wahrheit ist. Wenn jemand GLAUBT, an welchen religiösen Schnickschnack auch immer, dann wäre es für ihn eine ganz arge Beleidigung, falls man ihn als Lügner bezeichnen würde. Dann fühlte er sich höchst unberechtigt angegriffen und könnte unangenehm werden. Überhaupt genießen die Religionen völlige Narrenfreiheit, was das Thema Lüge betrifft. Weil ja geglaubt wird! Der Glaube ist frei, die Lüge auch.
Es stellt sich die Frage, ob man Aussagen nur dann als wahr bezeichnen darf, wenn sie beweisbar sind. Sollte das so sein, dann müsste man konsequenterweise alle anderen Geschichten als frei erfunden und damit erlogen bezeichnen. Dass Grimms Märchensammlung beispielsweise aus lauter Lügengeschichten besteht, wird kaum jemand anzweifeln. Allerdings ist es ja sowieso ein Schmarrn, Märchen als Lügengeschichten zu bezeichnen, weil vollkommen klar ist, dass „Der Froschkönig“ oder „Der Frieder und das Katerlieschen“ aus dem Reich der Fantasie gekommen sind.
Aber wenn man die Bibel als — durchaus nützliche — Märchensammlung bezeichnet, macht man sich ziemlich unbeliebt und zwar fast überall auf der Welt. Und es gibt wahrscheinlich ausreichend Leute, die bereit sind, einen dafür zu steinigen. Mit Schriften aus anderen Glaubensrichtungen möchte ich hier gar nicht erst anfangen, denn ich lebe gerne noch ein paar Jahre. Apropos Bibel: Ich empfehle dazu meinen Blog 009, den ich um die Weihnachtszeit 2017 verfasst habe.
Trumps Lügen sind meistens relativ leicht als solche zu erkennen und zu entlarven. Trotzdem gibt es massenhaft Amerikaner, die ihm glauben. Wenn man selbst nicht ständig lügt, dann denkt man automatisch, ein anderer tut es auch nicht. Und eine wichtige Amtsperson erst recht nicht. Auch deshalb funktioniert das bei Trump: Er kann mit großer Überzeugungskraft behaupten, dass Schweden zu Indonesien gehört und unzählige Trottel werden ihm glauben. Weil sie sich nicht vorstellen können, dass der Präsident einen solchen Unsinn erzählt, ohne es beweisen zu können. Und weil sie zu faul sind, es nachzuprüfen.
In Barbra Streisands Lied fragt sie Trump, wie er noch gut schlafen kann, bei all dem, was er mit Worten und Taten anrichtet. Er ist vier Jahre jünger als die Streisand und wird sich denken, die alte Kuh soll ihr dummes Maul halten. Er kratzt sich am Arsch, nimmt sich noch ein Stück Schokotorte und schläft danach wie ein Baby. Er kann nicht anders, denn sein Ego ist so groß und kalt und dunkel wie der Mond. Und er ist hemmungslos ignorant. So schläft es sich besonders gut.
Die Welt nähert sich immer mehr einem Zustand, den viele krasse Weltuntergangsfilme längst gezeigt haben. Soylent Green. Das kommt langsam, aber es kommt. „This is the way the world ends… not with a bang but a whimper.“ Dieser Satz stammt aus dem Gedicht „The Hollow Men“ des anglo-amerikanischen Dichters T. S. Eliot. Das Gedicht ist 1925 erstmals erschienen, anlässlich des Zustands Europas nach dem ersten Weltkrieg. Aber nie war es aktueller als heute.
Ich bin noch keine 76 wie Streisand und noch keine 72 wie Trump. Im Gegensatz zu diesen Menschen werde ich — obwohl ich in einer ziemlichen Komfortzone lebe — vielleicht noch einiges von dem „whimper“ mitbekommen. Hoffentlich nicht zu viel. Da ich sowieso nichts daran ändern kann, lautet meine Devise: Viel schmusen mit Claudia, solange es möglich ist.
Lügen gehört zum Menschsein. Auf die Frage, wie es einem geht, antworten die meisten Menschen mit „gut“, auch wenn es nicht stimmen mag. Fraglich wäre natürlich an dieser Stelle, ob es sich inzwischen um eine gesellschaftlich vorgegebene Antwort handelt usw.
Ich denke da auch an die „Lügenpresse“ mit Relotius und Konsorten, an falsche Aussagen von Merkel oder anderen Politikern. Hillary Clinton hatte nachweislich ebenfalls gelogen, selbst vor Gericht…
Allgemeines politisches Desinteresse und Lagerdenken zwingen die Menschen einfach „eine Seite“ einzunehmen und die „Gegenseite“ sehr genau zu durchleuchten und alles mit der Goldwaage zu wiegen.
Bei der „eigenen Seite“ werden dann „Ungenauigkeiten“ gerne übersehen oder klein gemacht…
Fraglich ist natürlich auch die jeweilige Intention des „Lügens“… ist es eine verdrehte oder falsche Aussage oder wurde einfach etwas weggelassen – bewusst oder unbewusst…
Leider werden vielen (politischen) Themen ein paar Minuten Redezeit auf einem Rednerpult oder so nicht gerecht und der Redner wird wohl kaum Gegenpunkte zu seiner Darstellung aufzählen; jedem ist angeraten, nichts einfach so zu übernehmen und ansonsten selbst zu recherchieren. Leider übernehmen die Meisten einfach ein paar hohle Phrasen und dann wird es gefährlich 😦
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Hier mischt sich ein Poet aus der Schweiz ein. Mit der WALPURGISNACHT-BALLADE, einem Lied, das 1976 das LIcht der Welt erblickte. Als man schon wusste, dass man Geld nicht essen kann. Und dass die Wälder uns die Atemluft schenken und wir Kinder von Mutter Erde sind!
Walpurgisnacht-Ballade (Roland Zoss, Album „Härzland“ und „Sternstunde“
Es war an einem Vorsommerabend
als ich die Strassen hinter mir liess
und auf leisen Traumtänzerfüssen
den Weg nahm, den der Mond mir wies
Der Abendwind wiegte die Tannen
das Holz duftete schwer nach Harz
als ich von fern einen Brunnen
im Mondlicht funkeln sah wie Quarz
Er stand in einer weiten Lichtung
zwischen drei Erlen im Sumpfgras
und wie ich ihn staunend berührte
da – war er ganz aus Glas
Ich beugte mich über den Rand
trank vom kristallklaren Quell
mit öffnen Augen, offenem Mund
da wurde es um mich rege und hell
Harfenmusik wiegte mich in den Wind
Elfen mit saphirblauen Flügeln
tanzten Reigen libellengeschwind
über den mondbeschienen Hügeln
Sie nahmen mich gleich in ihren Kreis
um das blaue Feuer auf
dann besang der erwachte Wald leis
der Sterne und der Wesen Lauf
Füchse, Falken, Turteltauben,
Rehe, Raben, Salamander
Zaunkönige und Nachtigallen
sassen rundum beieinander
Zwischen den Seelen der grossen Toten
hockten Hexen, die mit wehenden Haaren
auf diamantenbeschlagenen Ruten
aus Transsilvanien hergeflogen waren
Auf einmal verstummte das rege Getue
in die Runde trat der Meister der Ruhe
gehüllt in ein Kleid aus geflochtenem Farn
mit einer hölzernen Lade im Arm
Dicht vorm Feuer blieb er stehn
zog ein vergilbtes Buch aus der Lade
liess seinen Blick durch die Runde gehn
und rief: «Hört, was ich euch zu sagen habe!
Das ist das tausendjährige Buch der Gewalt
von Tyrannen geschrieben mit Untertanenblut
von falschen Päpsten und Priestern gesalbt!»
und er schmetterte es in die stiebende Glut
Ein Raunen ging durch die dichten Reihen
als der Geist von Nero heulend verschwand
Napoleon rief: «Vive l’empereur!»
Der Meister ergriff den nächsten Band:
«Auch das hundertjährige Buch der Vernunft»
sprach er, «zeugt nicht von Zufriedenheit
Maschinen übernahmen die Lebenskunst
machten die Menschen zu Sklaven der Arbeitszeit»
Hinter mir war ein Seufzen und Greinen
als auch das Buch in Flammen aufging
Einstein und Marx umarmten sich weinend
doch alle schauten zum Meister hin
Er hielt ein drittes Buch in der Hand
mit weissen unbeschriebenen Seiten
sprach: «Das ist der letzte Band!»
dann verschwand er unter den Leuten
Einen Windstoss lang blieb es still
man gedachte der gefallenen Bäume
der ausgerotteten Tiere der Welt
der verwüsteten Böden und Meeressäume
Doch dann hub ein Huschen und Tanzen an
Waldelfen mit flechtenbekränzten Haaren
verteilten Harzmilch und Ambrosia
an alle, die hier beisammen waren
Der Mond war lang schon untergegangen
die Sterne verblassten am Firmament
als der Dirigent mit dem Wacholderzweig
und ein Geisterchor zu singen begannen
Es war das Lied vom neuen Tage
das ich nun sorgsam bei mir trage
als mein Beitrag zum dritten Buch
in das auch ich zu schreiben habe
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