Liebe Leserinnen und Leser,
es ist nicht angebracht, in dieser scheußlichen Kriegszeit einen launigen Text zu verfassen. Angesichts der Ereignisse bleibt einem das humorige Wort im Hals stecken. Daher ist dieser Text auch nicht lustig.
In den frühen 80er Jahren war ich zusammen mit Andrea Walter und Hans Schlicht die Kabarettgruppe „Scharwitzl“. Das ist eine Ableitung des Begriffes „Scharmützel“, diesen fanden wir damals im Duden auch definiert mit „kleines Wortgefecht“. Das war für uns ein harmloser Spaß. Wir präsentierten unsere Sketche und Lieder im ländlichen Umkreis von Markt Schwaben in Schulen und Jugendzentren, aber auch in München in der Kleinkunstkneipe „Liederbühne Robinson“. Dort fand man damals an der Theke zum Beispiel einen gewissen Bruno Jonas.
Eines unsere stärksten Stücke war eine Szene, in welcher Hans einen jungen Burschen spielt, der gerade seinen 15-monatigen Wehrdienst bei der Bundeswehr absolviert (das tat der Hansi tatsächlich) und in voller Soldatenkluft seine liebe Oma (Andrea) besucht. Euphorisch berichtet Hans von seinem Dienst an der Waffe; die Oma freut sich über seinen Besuch und ist stolz auf ihn. Sie erzählt in diesem Zusammenhang aber auch weinend davon, wie damals im 2. Weltkrieg der Opa nicht mehr zu ihr zurückkehrte, weil er im Krieg getötet worden war. Die Szene endet damit, dass ihr Hans gar nicht richtig zuhört, es geht ihm gewissermaßen am A… vorbei und er verabschiedet sich schnell wieder von ihr.
Ich war zu dieser Zeit Wehrdienstverweigerer und leistete meinen Ersatzdienst ab als Zivildienstleistender im Altenheim von Markt Schwaben. Dem voraus ging eine intensive Vorbereitungszeit für eine Anhörung vor einem Komitee aus drei Männern, die mich im Auftrag der Bundeswehr prüfen sollten, ob ich tatsächlich aus psychischen Gründen für den Wehrdienst ungeeignet sei.
Ich musste mich in diesem Zusammenhang also als pazifistisches Weichei präsentieren, welches einerseits den Dienst an der Waffe und damit eine Vorbereitungszeit zur Anwendung von Waffengewalt im Ernstfall ablehnt — und welches andererseits für den Wehrdienst auch viel zu sensibel ist. Das Komitee befragte mich u.a., was ich denn tun würde, wenn ich mit meiner Freundin im Wald spazierengehe und es kommt ein Typ daher, der sich auf sie stürzt, um sie zu vergewaltigen. Fange ich dann an mit ihm zu diskutieren und an das Gute in ihm zu appellieren, damit er die böse Tat bleiben lässt oder laufe ich sogar einfach davon?
Wenn ich gesagt hätte, ich greife den Typen an, um meine Freundin zu retten, dann wäre ich beim Wehrdienst gelandet. Hätte ich natürlich getan, ich hätte ihn bestimmt sogar schwer verletzt, wenn es mir möglich gewesen wäre. Dieses fiese Schwein. Aber vor dem Komitee musste ich anders reagieren, um mein Ziel zu erreichen. Das sei eine so extreme schlimme Situation, ich könne ehrlich nicht vorhersagen, was ich da tun würde. Damit gab man sich anscheinend zufrieden und ich bestand die Prüfung, durfte also Zivildienst leisten anstelle das Schießen zu erlernen.
Damals war der Pazifismus eine ehrenvolle Haltung. Gewalt schürt immer neue Gewalt. Nur eine totale Ablehnung von Gewalt kann letztendlich Frieden und Liebe erzeugen. Genau, das stimmt ja wohl auch. Oder doch nicht ganz?
Denn nun haben wir einen Putin, dem jegliche Empathie und Menschlichkeit fremd zu sein scheint. Ein fehlprogrammierter KGB-Roboter, dem es offensichtlich egal ist, dass er über Tausende von Leichen geht und auf einen Schlag eines der meistgehassten Individuen der Welt geworden ist. Mit ihm zu diskutieren ist fruchtlos, er belügt hemmungslos auch absichtlich „sein“ russisches Volk, um seinen persönlichen Krieg nicht abbrechen zu müssen. Er, aber auch seine für den Krieg mitverantwortlichen Minister sind nichts anderes als wahnsinnige, mit enormer Vernichtungsmacht ausgestattete Massenmörder.
Würde ich mich freuen, wenn man ihn umbringt? Wahrscheinlich. Könnte ich es selbst tun, wenn ich dazu in der Lage wäre? Keine Ahnung! Bin ziemlich froh, dass ich vor diese Entscheidung nicht gestellt werde.
Ach ja, Scharwitzl in den 80ern. Und die Wehrpflicht der alten BRD. Da ich noch knapp unter 60 bin, wäre ich noch wehrtauglich und würde als Ukrainer jetzt mein Land verteidigen. Der Mut der Ukrainer verdient höchsten Respekt. Wahrscheinlich hätte ich als Senioren-Hauptgefreiter schnell die Hosen gestrichen voll und ein tschetschenischer Scharfschütze – Putins Elitetruppe – würde mich schon am ersten Tag mit einem gezielten Kopfschuss erledigen.
Zinkl, tell me: Hat uns eine unbekannte Zeitmaschine zurück in die 20er Jahre des letzten Jahrhunderts geschleudert, wo man in Europa noch mit Angriffskriegen rechnen musste? Erleben wir in einem Paralleluniversum eine neue Variante des damaligen Wahnsinns, diesmal mit Baerbock statt von Ribbentrop? Hört das niemals auf?
LikeGefällt 1 Person
Lieber Hans, es hört nicht nur niemals auf, sondern es scheint tatsächlich immer schlimmer zu werden. Klimawandel, Corona, Vernichtungskrieg … ein Schritt vor, zwei zurück, einer vor, zwei zurück …
LikeLike
Sehr guter Blog, lieber Toni, ich war auch Wehrdienstleistender. Bei der harmlosen Gebirgssanitätstruppe, wo man nicht unbedingt eine Waffe tragen musste! Als Zivildienstleistender könntest auch deinen Beitrag leisten und Putin mit der Bettpfanne erschlagen!!
Ein sehr gutes Zitat vom großen Charly Chaplin ist: „Macht brauchst du nur, wenn du etwas Böses vor hast. Für alles andere reicht Liebe“!!!
So seh’ ich das ebenfalls!
Gruaß Bäda
LikeLike