
Liebe Leserinnen und Leser,
neulich schaute ich einen uralten Derrick-Krimi mit diesem Titel: „Inkasso“. Darin ging es um den tödlichen Rachefeldzug einer jungen Dame. In meinem persönlichen Bereich habe ich mit Rache wenig zu tun, eigentlich gar nix. Gott sei Dank habe ich nicht das Bedürfnis, mich an irgendeiner Person rächen zu wollen. Obwohl… vor einigen Tagen wurde ich von einer männlichen Person auf meiner Festnetznummer angerufen und es kam folgendes Gespräch zustande (ich gebe es so wahrheitsgemäß wieder, wie es meine Erinnerung daran zulässt).
Anrufer: Guten Tag, spreche ich mit Herrn Anton Zinkl?
Zinkl: Ist am Apparat. Was kann ich für Sie tun?
Anrufer: Herr Zinkl, ich melde mich in folgender Angelegenheit: Sie haben in 2021 einen Vertrag mit der Lotteriegesellschaft Eurojackpot abgeschlossen, mit einer dreimonatigen Kündigungsfrist. Sie haben jedoch vergessen, rechtzeitig zu kündigen und nun ist über die Jahre ein Betrag zusammengekommen, den ich als Beamter der Inkassoabteilung von Ihnen einfordern muss.
Zinkl: Das wundert mich, ich nehme nicht an Lotterien teil und schon gleich gar nicht an solchen, in welchen mir eine Kündigungsfrist gestellt wird. Das muss ein Versehen sein.
Anrufer: Ich habe hier eine Tonbandaufnahme eines Gespräches vorliegen, in welchem Sie dem Vertrag mit der Lotteriegesellschaft zustimmen. Darauf haben Sie auch bestätigt, dass Sie verstanden haben, dass der Vertrag nach drei Monaten gekündigt werden muss, damit keine Folgekosten entstehen. Das Gespräch hat eine Frau Sabine Schmidt mit Ihnen geführt. Die Gesellschaft hat mich nun beauftragt, den ausstehenden Betrag von Ihnen einzufordern.
Zinkl (kann sich erinnern, dass er vor Jahren einmal in „geistiger Umnachtung“ bei einer Online-Lotterie mitgemacht haben könnte): An ein solches Gespräch kann ich mich nicht erinnern. Um welchen Betrag geht es denn in diesem Falle?
Anrufer: Es geht um einen Gesamtbetrag von 980 Euro. Sie haben die Möglichkeit, diesen Betrag zu überweisen und damit die Sache unkompliziert aus der Welt zu schaffen. Das wäre für Sie die einfachste Lösung, weil außergerichtlich. Wenn die Sache jedoch vor den Amtsrichter kommt, weil Sie die Angelegenheit anfechten möchten, würden für sie wahrscheinlich ein Vielfaches der Kosten entstehen. Dem Amtsrichter wird das aufgenommene Telefongespräch vorgespielt und ich sehe wenig Chancen für Sie, dass Sie in diesem Fall Recht bekommen.
Zinkl: Da kann ja jeder kommen und von mir einfach mal so 980 Euro einfordern. Warum melden Sie sich erst jetzt, nach zwei Jahren zu diesem Falle?
Anrufer: Sie müssen von der Lotteriegesellschaft Eurojackpot seit 2021 zwei Schreiben erhalten haben, in welchen man Sie informiert und aufgefordert hat, die ausstehenden Beträge zu überweisen.
Zinkl: Meines Wissens habe ich keine Erinnerungs- oder Mahnungsschreiben erhalten. In meinem Briefkasten landet allerdings täglich irgendwelche Werbung und es kann natürlich sein, dass ich solche Schreiben versehenlich weggeworfen habe. Aber wie auch immer: Wie ist Ihr Name und kann ich dieses angeblich aufgenommene Telefongespräch zu hören bekommen? Außerdem überweise ich selbstverständlich kein Geld ohne irgendwelche Schriftstücke vorliegen zu haben.
Anrufer: Mein Name ist Manfred Hoechst. H o e c h s t. Und dieses Beweismittel der Tonbandaufnahme darf ich Ihnen nicht vorspielen. Aber mir liegen ihre Daten vor: Anton Zinkl, wohnhaft in der Georgenstraße 113, 80978 München, geboren am 02.03.1960. Sie erhalten nach der Überweisung der 980 Euro ein Bestätigungschreiben von der Lotteriegesellschaft, dass die Sache damit für Sie endgültig erledigt ist.
Zinkl: Die Daten stimmen. Aber trotzdem: Ich brauche von Ihnen ein Dokument, aus welchem ich und mein Steuerberater prüfen können, ob die Sache nicht ein Betrugsversuch ist. Das werden Sie doch sicher verstehen, Herr Hoechst.
Anrufer: Ich kann Ihnen versichern, dass ein Amtsrichter viele solcher Fälle zu bearbeiten hat und wenig Geduld und Zeit. Ich rate Ihnen daher zu einer außergerichtlichen Einigung.
Zinkl: Wohin soll ich diesen Betrag denn überweisen?
Anrufer: Ich kann Ihnen die Bankkontodaten nennen: Empfänger ist C.K. IBAN: BE63 96 75 85 31 19 08. BIC: TRWIBEB1XXX.
Zinkl: Das habe ich mir notiert (Zinkl hat sich auch die Nummer von Herrn Hoechst notiert, welche auf dem Telefondisplay zu sehen ist). Ich nenne Ihnen nun meine E-Mail-Adresse: info@studio-zinkl.de. Bitte schicken Sie mir, bevor ich die 980 Euro überweise, ein Dokument, worauf Ihre Forderungen und diese Bankkontodaten vermerkt sind. Ich werde dieses Dokument dann prüfen lassen und wenn die Sache korrekt ist, dann muss ich wohl oder übel die Überweisung vornehmen. Ist das in Ordnung für Sie?
Anrufer: Ja, das können wir so machen. Sie erhalten von mir eine schriftliche Bestätigung in Kürze, Herr Zinkl.
Zinkl: Alles klar, Herr Hoechst. Dann warte ich mal ab, was von Ihnen kommt. Auf Wiederhören.
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Nun, wie man sich denken kann, habe ich von einem gewissen Manfred Hoechst keine E-Mail erhalten. Und auch keine weitere Forderung mit der Post. Und wie man sich auch denken könnte: Zinkl, du Volltrottel! Wieso hast du nicht sofort aufgelegt? Dass du einen Betrüger am Telefon hattest, das war doch offensichtlich. Dazu kann ich nur antworten: Ich bin leider ein sehr gutgläubiger Geselle und gehe grundsätzlich nicht davon aus, beschissen zu werden. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich persönlich angerufen werde von jemanden, der die Absicht hat, mich mal schnell um rund tausend Euro zu erleichtern, ohne den Grund dafür beweiskräftig belegen zu wollen bzw. zu können. Aber es ist passiert und es ärgert mich.
Die Telefonnummer, unter welcher dieser Herr Hoechst (sicher ein falscher Name) angerufen hat: Tel. 04523 / 886 89 60. Diese Vorwahl hat ein Ort namens Malente in Schleswig-Holstein. Ich war noch vor fast zwei Wochen in Schleswig-Holstein auf Urlaub. Ob es da einen Zusammenhang gibt? Sollte ich unter dieser Nummer anrufen und prüfen, ob sich ein Herr Hoechst meldet? Bisher habe ich es nicht getan. Es ist wirklich gruselig. Wer von meinen Leserinnen und Lesern will dort mal anrufen?
Ich empfehle darüber hinaus, sich keinesfalls hinreißen zu lassen, bei irgendeiner Online-Lotterie mitzumachen. Und keine Werbepost ungeprüft wegzuwerfen. Damit man weiß, dass man auf der sicheren Seite ist, wenn man von einem Beamten einer Inkassoabteilung namens Manfred Hoechst angerufen wird.

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Bei solchen Sachen soooofort auflegen
und gut is!
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Auflegen !!!!
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Anfang der 1980er Jahre war Hoechst das nach Umsatz größte Pharmaunternehmen der Welt. Und nun? Bettelt der!
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