Liebe Leser,
am 15. März 2020 wählt München eine neue Oberbürgermeisterin, einen neuen Stadtrat und neue Bezirksausschüsse. Genauso steht es gleich im ersten Absatz in dem Brief, den mir die MU (Mittelstandsunion Bezirksverband München) heute in den Briefkasten schmeißen hat lassen. Dass der neu zu wählende Bürgermeister weiblich sein wird, steht also für die MU bzw. CSU bereits jetzt schon fest. Sehr schön. Gegen das Arbeiten mit alternativen Fakten ist ja schon lange nichts mehr einzuwenden.
Die neue Oberbürgermeisterin heißt übrigens Kristina Frank. Wer diese Dame nicht kennt, der sieht zumindest ihren fraulichen Kopf seit Wochen fast an jeder Münchner Straßenecke von diversen Plakaten mit großen braunen lachenden Augen heruntergrinsen. Ich radle viel herum und mir hat dieses Kristinagesicht deshalb schon bestimmt dreihundert Male massiv entgegengeschaut.
Sollte ich Frau Frank unterstellen, ihr riesenbreites Lächeln mit den großen strahlend weiß photoshopierten Zähnen sei bloß eine hämische Maske, hinter der sich ungute Absichten verbergen, so wie das bei Batmans Joker der Fall ist? Nein, das sollte ich ganz gewiss nicht tun. Aber eines darf ich anmerken: Sie schießt unter all den vielen (und grafisch durchgehend schlecht gestalteten) Wahlplakativen zumindest in Sachen Penetranz den Vogel ab.
Wie auch immer, so schaut sie halt drein, wenn sie sich im besten Licht zeigen will bzw. zu was sie der Fotograf animiert hat. Aber was nun möchte diese Dame den Münchnern als Oberbürgermeisterin Gutes tun, was ist ihr Vorschlag für die Stadt?
Das ist schnell gesagt: WIEDER MÜNCHEN WERDEN steht groß neben ihrem Antlitz.
Wieder München werden. Das mag ich gerne zur Analyse freigeben. Die naheliegendste Interpretation zuerst: Frau Frank will wieder München werden. Nicht Münchnerin, sondern München. Auf der CSU-Website behauptet sie allerdings, sie sei ein echtes Münchner Kindl. Trotzdem will sie wieder München werden. Das verstehe wer will.
Nun will ich mich da aber nicht blöder stellen, als ich bin. Es ist natürlich gemeint, dass die Stadt München wieder München werden soll. Unter der Koalition Rot/Grün hat sich die bayerische Landeshauptstadt anscheinend über die Jahrzehnte so arg verändert, dass sie den Namen München nicht mehr guten Gewissens tragen kann. Das trifft hart.
Dass München erneut München werden kann, wollen Frau Frank und ihre CSU vor allem damit erreichen, indem sie wieder den Raum für die Automobile schaffen wollen, der diesen seit jeher zusteht. Denn auf einem anderen Wahlplakat der CSU ist zu lesen, dass die Rot-Grüne RADikal-Politik ausbremst.
Diese überhandnehmenden Radfahrer und die Platznot, die sie auf den Münchner Straßen anrichten! Und vor allem: ihr Gestank!
Genau: Es muss endlich wieder Fairness einkehren, so wie früher, als es noch gar keine Fahrradwege gegeben hat und als die Autos den Platz hatten, den sie nun mal brauchen.
Dieser blaue runde Button auf dem Plakat (siehe Foto) trifft es knallhart auf den Punkt: Wir dürfen Kraftfahrzeuge nicht länger ausgrenzen.
Psychologisch raffiniert übrigens auch, dass das Radl größer dargestellt ist, als das Auto. Hund san’s scho, die Werbegrafiker!
Wie ignorant muss eine Partei sein, dass sie ein Verkehrskonzept in Frage stellt, welches die Zeichen der Zeit erkannt hat und welches so gut wie jeder Stadtbewohner nur begrüßen kann. Wie man beispielsweise in jüngster Zeit die Leopoldstraße am Siegestor so umgebaut hat, dass dort fast eine Radler-Autobahn entstanden ist, findet der Zinkl als passionierter Pedaltreter so großartig, dass er sich richtig gewundert hat, wie so etwas Vernünftiges bei uns überhaupt entstehen konnte. Wenn sich die Stadt, in der ich lebe, so verändern kann, dann darf sie meinetwegen auch umbenannt werden in die Stadt, die früher mal München hieß.
Damit wir uns nicht falsch verstehen: Ich liebe meinen kleinen Smart und kann mir Gott sei Dank auch den Luxus leisten, ihn in einer unterirdischen Parkgarage verstecken zu können. Ich fahre gern, aber immer seltener, weil ich mit dem Rad oder mit der U-Bahn überall viel schneller hinkomme. Und wenn ich wählen müsste zwischen Auto und Fahrrad, würde ich aufs Autofahren in München verzichten. Macht eh’ keinen Spaß mehr, von Ampel zu Ampel zu kriechen.
Kleine Recherche: Jedes Jahr ziehen 23.000 Menschen nach München. Bis zum Jahr 2035 werden voraussichtlich schon 1,851 Millionen Menschen hier leben. Wenn jeder sein Lieblingsauto mitbringt, ist das aber kein Problem, denn da wird Kristina einfach noch ein paar Autospuren anlegen.
Also für mich ist sonnenklar, dass ich Frau Frank zur Oberbürgermeisterin wählen werde. Grund: Wieder München werden.
Servus Toni, ja mei, was soll i dazu sagen, als passionierter Autofahrer und Oldtimersammler?! Natürlich ist es vernünftig, wenn man in München lebt, mit dem Radl oder den Öffentlichen zu fahren! Aber es gibt auch Menschen, die das nicht können, wie sonst würde dein Rewe, Aldi oder sonst was mit all dem, was du auch brauchst, bestückt werden? Kann mir die Anlieferung der ganzen Waren mittels Radlkurier nicht gut vorstellen! Ebenso deine ach so geliebten Internetbestellungen aus dem coronaverseuchten Land der aufgehenden Sonne, die der freundliche Lieferant von Amazon oder dergleichen Zusteller bringt! War da schon mal einer mit dem Radl da….???
Warum auch muß man Dinge aus fernen Ländern bestellen, die man auch hier bekommt und der Laden womöglich auch mit dem Radl erreichbar ist? Tja, „Geiz“ ist anscheinend immer noch „geil“! Oder wie der geneigte Schwabe zu sagen pflegt: „Habe kommt net vo gäbe“!
In diesem Sinne, mit dem Autoschlüssel winkt da Bäda.
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Servus Peter,
man braucht sich nur die Radfahrerstadt Copenhagen anschauen, dann sieht man, dass es geht. Die Leute dort verhungern auch nicht, der Warenanlieferungsverkehr funktioniert anscheinend einwandfrei.
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