Liebe Reisende,
in MILANO/MAILAND bin ich letzte Woche gewesen, man stelle sich das vor! Der ängstliche Münchner hat es tatsächlich gewagt, sein Bundesland zu verlassen. Mit dabei waren Herzensdame Alexandra und Töchterlein Linda, sie sollten mich beschützen: vor italienischen Viren, vor meinem eigenen Unverstand und vor zuviel Pasta (letzteres hat nicht funktioniert).
Wir fuhren mit dem ehrwürdigen Benz über die Schweiz, weil ich die beiden Namen St. Gotthard und San Bernardino so gern habe. 1970 hatte die Band CHRISTIE einen Hit mit dem Song „San Bernardino“: Hier zu hören und zu sehen:
https://www.youtube.com/watch?v=eAAqAho_BsU
Dieses Lied liebe ich und auch deshalb wollte ich mit meinen beiden Mädels über die Schweiz anreisen. Alexandra war so umsichtig, uns Corona-Schnelltest-Negativ-Bescheinigungen und ein kompliziert zu verstehendes italienisches Formular fürs Ein- und Ausreisen ans Herz zu legen. Nichts davon haben wir gebraucht beim umsichtigen Schweizer Zoll und an der bella italienischen Grenze, aber weiß man’s?
An der italienischen Mautstation habe ich nicht gecheckt, dass der Automat meine Kreditkarte wollte, ich versuchte ihm (vergeblich) einen Euroschein in den Rachen zu stecken. Der weibliche Automat erklärte mir mit schnellen italienischen Worten die Sachlage und spuckte dann einen langen Zettel aus, mit dem Hinweis, dass ich die Gebühr von 2,30 Euro überweisen müsse. Diesen Zettel habe ich die Tage darauf dann verschmissen und nun warte ich bange auf ein Erinnerungsschreiben vom italienischen Ordnungsamt mit einer saftigen Strafgebühr. Ohweh!
Wir kamen munter und fidel in Milano an und fanden mit Google maps nach der dritten Umkreisung der City auch unser Hotel MARCONI. Ein schönes Hotel mit barocken lindgrünen Sesseln in der Lobby. Der maskierte Mann an der Rezeption ließ meinen Benz in eine nahegelegene Parkgarage bringen, ganz ohne mich. Das war mir suspekt, aber ich bin ja ein gutgläubiger Tropf und vertraute darauf, dass man das Auto nicht stehlen würde.
Das Wichtigste in jeder Unterkunft: Die Dusche! Diese spendete sofort heißes Wasser, nach unheilvollem Rattern auch von oben — hervorragend! Die Nasszelle hatte nicht ganz die Klasse vom Eichstädter IBB-Hotel, aber wir waren damit glücklich. Typisch italienisches Bettzeug: Ein Laken und eine dünne vermilbte Decke drüber. Aber in der Regel friert man ja auch nicht in Italien im August — wenn man die Klimaanlage pusten lässt, jedoch durchaus.
Mailand ist schön! Es ruckeln laut rasselnde, schrill quietschende Trams von 1928 auf heißen Schienen kreuz und quer durch die City. Wie überall in Innenräumen herrscht dort natürlich Maskenpflicht, die Mailänder tragen die nervigen Dinger diszipliniert, nur der Zinkl hat seine knallorange FPP2 immer mal wieder gelupft, weil er sich einbildete, sonst zu ersticken in der hochgradigen Augusthitze. Ja mei.
In den mächtigen Mailänder Dom (drittgrößte Kirche der Welt!) durften wir nicht hinein, weil Linda ein schulterfreies Kleid trug. Der Wächter sagte zu mir streng: „It’s a church!“
Am nächsten Tag waren meine Damen aber gesitteter unterwegs und wir besuchten eine Messe. Großes Kino! Um den Altar schwänzelten ein halbes Dutzend maskierte Geistliche, der Obermufti mit Bischofsmütze saß erhöht auf einem roten Samtsessel. Lustigerweise war diese Messe Mailänder Fußballjungs gewidmet, die in großer Menge in ihren blauen Trikots in den Bänken saßen. Der Bischof predigte dann natürlich in der Landessprache, ich kann ja nicht italienisch, hörte aber die Worte „Computer“ und „Journalisti“, mehr verstand ich nicht. Die Messe war sehr langweilig, das empfanden die geduldigen Fußballjungs vielleicht auch so.
Wir haben in Mailand viel und teuer gegessen. Und es war immer hervorragend. Pasta, Pasta, Pasta — Alexandra genoss zudem ein Ossobuco, ich trank während der vier Tage wohl ingesamt 86 Aperol Sprizzzz. Komischerweise verträgt mein empfindlicher Magen dieses Getränk ganz ausgezeichnet.
Guter Tipp: Das beste Kokoseis gibt es an einem kleinen Kiosk nahe des Castello Sforzesco.
Linda hat sich ganz besonders fürs Shopping in der unfassbar beeindruckenden Vittorio Emanuele-Passage interessiert. Für Gucci, Pucci, Mucci und Trucci — diesen irre überteuerten Designerkrempel halt. Etwas günstiger war es dann aber bei „& other stories“, dort erwarb sie einen extrem schicken dunkelblauen Nadelstreifenanzug, mit dem sie stolz und ohne zu murren auch in grellster Mittagshitze herumflanierte. Ich bewundere das.
An einem Abend besuchten wir das malerische Szeneviertel Navigli. Sonnenuntergangsorange an einem Kanal gelegen reihten sich Osterias an Trattorias an Pizzerias an Ristorantes in großer Anzahl — es ging dort zu wie auf der Münchner Wiesn, als es diese Veranstaltung noch gegeben hat. Hier herrschte keinerlei Maskenzwang — ich wunderte mich, wie man sich halt wundern kann in diesen Deltaviruszeiten.
In der Via Brera hingegen begegnete mir ein lebensgroßer Kunststoffbatman im Schaufenster, unkorrekt maskiert nur über der oberen Gesichtshälfte, zu haben für ein paar Tausend Euro. Aber er hätte ja sowieso nicht auch noch in den Benz gepasst, lassen wir es also gut sein.
Hier darf ich meinen bescheidenen Reisebericht beenden und mich ganz herzlich bedanken bei den beiden liebreizenden und stets bestens gelaunten Damen, die mich ertragen haben. Was nicht immer ganz leicht ist mit einem Ungeduldigen, der ständig sofort ins nächstbeste Restaurant rennen will, weil er meint, man weiß doch sowieso nicht, ob es woanders besser schmecken wird. Nur bei McDonalds, da schmeckt es überall gleich gut. Es gibt unglaublich viele McDonalds-Gaststätten in Mailand, aber ich mied sie, um die Damen nicht zu verärgern. Freilich!
PS.: Die Besichtigung des berühmten Abendmahls von Leonardo da Vinci haben wir uns nach intensivem Nachdenken gespart und damit wahrscheinlich auch eine Horde kunstbeflissener Touristen, die einen eng umwuseln. Das Wandgemälde kennt man ja, es ist übrigens (nachgemalt) zu sehen auf der Innenklappseite der vorzüglichen Langspielplatte „Come in un’ultima cena“ der italienischen Band BANCO DEL MUTUO SOCCORSO — dort hat man allerdings ein paar Apostel ausgetauscht durch die Mitglieder der Band. Leonardo hätte das vielleicht lustig gefunden.
Danke in diesem Zusammenhang für den Link zum Song ‚San Bernardino‘ , das Lied habe ich lange nicht mehr gehört. Natürlich meint der gute Jeff Christie den Ort östlich von L.A., über den er sagt „the sun is shining endlessly“ (und wohin er sich zur Zeit gar nicht so sehr wünschen dürfte, weil dort üble Waldbrände wüten – a propos Sonne). Der Song ist so typisch für 1970, auch die altkluge Haltung, als 24jähriger zu singen „I was young and foolish… I’m older and I’m wiser“. Trotzdem ein netter Song – und sehr lustig das knutschende Paar im Vordergrund und der tänzelnde Ilja Richter im Hintergrund. Love and peace der 70er, davon sind wir mittlerweile leider nicht 50, sondern Lichtjahre entfernt.
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Schöner Reisebericht, da bekommt man gleich Lust dort hin zu reisen! Ja Toni, was ist los…?? Ist denn gar nix hängen geblieben von unserem damaligen italienischkurs in München im italienischen Institut? 😉
Eine Auffrischung täte Not!!
Gruaß Bäda
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