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Liebe Leser,

dies ist der Bericht über den Bau eines Eigenheims mit Garten. Teil 2.

Wer A sagt, muss auch B sagen. Als es soweit war, sich der Innenausstattung des Wohnturms zu widmen, waren sich Baufrau Kiki und Bauherr Zinkl einig: Sie wollten die Räumlein enorm aufwerten, indem sie bei den Fliesen, beim Parkett, und bei der Einbauküche keine Kompromisse eingehen würden.

Der Parkettboden wurde nicht profan mit gelber Eiche ausgelegt, so wie es bei Grossmann Standard war. Aber nein — wir wählten ein fast schwarzes Holz aus, unglaublich edel die Wirkung! Jeder weiß, wie es aussieht, wenn man auf einem schwarzen Backblech etwas Mehl ausstreut. Diese hochinteressante Erfahrung sollten wir in geraumer Zeit machen. Nur ging es da nicht ums Backblech und ums Mehl, sondern um unsere dunklen Böden und um ganz einfachen Hausstaub. Das machte mich schier irre — der Staubsauger sollte mein bester Kamerad werden.

Unsere drei Miniatur-Feuchträume statteten wir mit exklusiven spanischen Mosaikfliesen aus, welche es in allen Farben zu importieren gibt. Das Duschklo im ersten Stock wurde komplett knallrot gefliest und das Duschbadewannenklo im zweiten Stock türkis. Nicht minder effektvoll war das Kellerklosett: Es bekam das kleinste Waschbecken der Welt, damit die Tür noch zu schließen war. Außerdem ließ ich die unteren Wandhälften mit Schachbrettmosaik bekleben und die oberen Wandhälften knallig lachsfarben malern. Wer sich in dieses Klo quetschte, sollte Augen machen.

Noch heute, über 10 Jahre später, denke ich an diese drei Feucht(t)räume zurück. Sie waren echt eine Sehenswürdigkeit gewesen. Das knallrote Minibad: einfach nur geil. Nur schade, dass man sich nach dem Duschen beim Abtrocknen immer an den Wänden stieß.

Überflüssig zu erwähnen, dass wir auch bei der Einbauküche in die Vollen gingen. Kikis Bruder Thomas ist ein Meister der Küchenplanung und -realisierung. Köchin Kiki bekam ihren Gasherd und ich bekam für den Essplatz meine „Nero assoluto“-Granitplatte aus Carrara. Wir führten uns auf wie König Ludwig II. Für die Spüle suchten Kiki und ich eine ganz besondere Armatur aus, welche wir im Fachhandel als Sondermodell auftrieben. Jene sollte bald zu unserem Verderben führen.

Immer schon wollte ich ein offenes Feuer im Wohnzimmer haben. Immer schon. Ich muss mich im Nachhinein über mich wundern, mit welch unermüdlicher Energie (und Ignorierung der Kosten) ich auch diesen Sonderwunsch organisierte. So ein Eisenofen braucht aus feuerpolizeilichen Gründen einen Steinbodenbereich um sich herum, das musste man natürlich beim Verlegen des Parketts schon berücksichtigen. Und die Westwand unseres Wohnturms bekam ein 12 Meter hohes silbern glänzendes Aluminumrohr für den Rauch! Leider konnte ich für diese optische Aufbesserung des Vierspänners von Grossmann nicht den geringsten Rabatt einfordern.

Das offene Feuer ist mir auch heute noch in wunderbar romantischer Erinnerung. Eine Hitze war das! Ich saß gerne nackt davor und ließ mich vom Züngeln der Flammen einlullen. Allerdings machte mir Kiki damals oft die Hölle heiß, wenn das verfeuerte Holz nicht wie vorgesehen durch den Kamin abzog, sondern das ganze Haus verräucherte. Klar, ich musste erst lernen, wie man einem Eisenofen gut zuredet, damit er pariert. Irgendwann wurde mir verboten einzuheizen. Das hat mich nicht gefreut.

Das Treppenhaus war ein ganz spezielles Thema. Es windete sich völlig offen wie eine Riesenschlange vom Keller bis in den dritten Stock. Weil es auch so schmal war wie eine Riesenschlange, würde man eine kleine Couch oder eine Kommode auch mit den unmöglichsten Verrenkungen nicht nach oben schaffen können. So etwas machte mich dann schon auch mal zornig.

Richtig streng war ich schon vorher geworden. Wir hatten nämlich mit dem Bauleiter Henkel vereinbart, dass — passend zum Parkettboden — die Treppenstufen aus dunklem Holz eingebaut werden sollten. Da ich neben meinem Beruf monatelang zusätzlich fast jeden Tag auf die Baustelle fuhr, um den Handwerkern auf die Finger zu schauen (was sich fast immer als sinnvoll erwies), kam ich gerade noch rechtzeitig, um zu sehen, wie man munter Stufen aus hellem Eichenholz verschraubte.

Es kostete Zeit, Nerven und Diskussionen zu erklären, dass diese hellen Stufen wieder weg mussten. Für sowas haben Handwerker wenig Verständnis. Das ganze Wohnzimmer war voll mit hohen Stapeln verpackter und teilweise schon entpackter heller Eichenstufenbretter. Da mein dunkles Holzmuster beim Treppenbauer herumlag, musste ich auch noch umständlich nachweisen, dass nicht ich derjenige war, der Schuld hatte an dieser falschen Lieferung.

Man kann vielleicht nachspüren, dass mit der Zeit meine Nerven komplett blank lagen. Auch wegen der Finanzen. Zu dieser Zeit gab es zusätzlich noch Ärger in meinem Job mit einer Kundschaft, weil beim Einsatz einer Abbildung versehentlich die Dauer der eingekauften Lizenz überschritten worden war. Die Bildagentur Getty verlangte gnadenlos eine fette Strafgebühr von 8.000,- Euro — und ich selbst hatte sie zu bezahlen.

Zinkl setzte sich ruhig in die Sommerhitze, der Kopf war völlig betäubt, irgendwie fühlte sich die Gleichgültigkeit fast gut an, welche sein Innerstes heraufbeschworen hatte, um seine tiefe Verzweiflung zu übertünchen. Er fuhr zum Haus der Kunst und kaufte ein Poster mit einem Gemälde von Rhesusaffen. Das tat ihm wohl.

Die vielen Extras bei den Innenbaumaßnahmen dauerten um Wochen länger als geplant. Dennoch kam im März 2007 der Tag, an dem wir in das Haus einziehen sollten. Es war höchste Zeit dafür, denn wir hatten unsere Mietwohnung längst gekündigt, im guten Glauben, dass das Haus schon rechtzeitig fertig werden würde.

Kurz vor dem Einzug kam die Nacht der langen Messer. Davon erzähle ich im dritten Teil dieser Saga. Dieser erscheint am letzten Samstag im Juli — danach werde ich von den Erinnerungen so erschöpft sein, dass ich mir den August als Sommerpause dringend verabreichen muss.

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