Liebe Leser,
dies ist der stark gekürzte Bericht über den Bau eines Eigenheims mit Garten. Hier nun der dritte und letzte Teil. Das Finale.
Wenn man — so wie der Zinkl — Schweiß und Blut und jede Menge Schotter gespendet hat, um die Anfertigung eines Eigenheims bis in die Details zu überwachen, dann stellt sich am Ende doch eine gewisse Portion Stolz ein: weil es gesamtheitlich gelungen ist, das Schlösschen höchst individuell, liebevoll und bewohnbar auszustatten.
Ich hatte die neckische Idee, die Nacht vor dem offiziellen Familieneinzug ganz alleine zu verbringen: erstmals in dem noch total jungfräulichen Haus. Es roch nach neu, der Parkett schimmerte samtig wie die Haut einer wunderschönen schwarzen Frau. Als es draußen dunkel geworden war, lag ich im Schlafzimmer im ersten Obergeschoss — es war so still, so unglaublich still und friedlich. Der Mond zeigte sein altes Gesicht, und so schlummerte ich sanft hinweg.
Ein orkanartiges Rauschen riss mich aus dem Tiefschlaf. Es war stockdunkel. Mein Handy sagte: 4 Uhr früh. Ich stolperte die Stufen hinunter. Aus der Küche schoss mit vollem Druck Wasser heraus. Der Parkettboden hatte sich bereits in einen glänzenden Teich verwandelt, das nasse Element floss in Strömen durch das offene Treppenhaus in den Keller hinunter. Ich starrte wie gelähmt auf dieses Szenario des Schreckens, meine Gedanken schlugen hektische Purzelbäume. Man musste die Feuerwehr rufen! Ich riss Kiki aus dem Schlaf und machte sie verrückt! Endlich begriff ich, dass der Haupthahn im Keller abgestellt werden musste. Mensch, klar! Logisch!
Im Keller hatte es die Sicherung herausgehauen, weil die Steckdosen Bekanntschaft mit dem Wasser gemacht hatten. Meine einzige Lichtquelle war das Handydisplay. Irgendwo unter dem Sicherungskasten brizzelte es. Der Kellerboden war total überschwemmt. Stand er unter Strom? Ich tapste mich, fast blind, vor zu den Rohren und drehte an allen Hähnen herum, die ich zu fassen bekam. Das Rauschen hörte plötzlich auf. Stille.
Der Einzug war für unbestimmte Zeit verschoben. Die nächsten Tage galten der Organisation der Schadensbehebung. Es gab Verhandlungen mit der Versicherung und mit dem Parkettverleger. Die dicke und hässliche Chefin der Installationsfirma aus Suhl kam angereist, um sich sächselnd herauszureden. Schuld sei diese merkwürdige Küchenarmatur, die wir selbst gekauft hatten. Amerikanisches Modell. Falsche Dichtung. Sei halt locker geworden.
Der edle Parkettboden war hinüber, er musste ganz herausgerissen und neu verlegt werden. Im EG und UG. Dort wurden aber davor mehrere mächtige Ventilatoren aufgestellt, die sechs Wochen lang lautstark Luftmassen herumwirbelten, um die Trocknung voranzutreiben. Kiki und ich delegierten alles so gut wie möglich. Wir mieteten eine Übergangswohnung. Die Versicherung bezahlte letztendlich.
Ich beschwor immer wieder die grausige Fantasie herauf, was passiert wäre, wenn ich dort NICHT übenachtet hätte. Dann wäre das Wasser anstatt nur 13 Minuten einen halben Tag lang gelaufen und wir hätten kurzzeitig einen extravaganten Swimmingpool gehabt, bevor die Abrissbirne angetanzt wäre. Es muss einen Gott geben, der zwar sadistisch veranlagt ist, es aber dann gnädigerweise doch nicht bis zum Schlimmsten kommen lässt. Drei Monate später zog die Familie (wirklich) ein.
Ich war schlecht drauf. Meine Beziehung mit Kiki hatte ihren Tiefpunkt erreicht. Mir gingen die Nachbarn auf die Nerven, die uns viel zu nah waren. Wir hatten einen Garten, sie nicht. Das Nachbarsmädl und meine Tochter kreischten hysterisch spielend durch die Räume. Mich belastete der Kredit der Bank — ich hasse es mit Schulden zu leben. Ich verschanzte mich im dunklen Hobbyraum und komponierte nervige Musik.
Im Wohnzimmer musste ich mit Kopfhörer fernsehen, denn andernfalls drangen nächtliche Krimis durch das offene Treppenhaus bis in den dritten Stock hinauf — das ganze Haus war so hellhörig wie ein perfekter Konzertsaal.
Wir bekamen eine junge Wildkatze, die mir leidenschaftlich die Beine zerkratzte. Immer wieder griff sie mich an. Sie hieß Perry.
Nach zwei Jahren war unsere Ehe zerrüttet, ich benahm mich wie ein Arschloch, Kiki verlangte, dass ich auszog, was ich heulend tat. Alles war umsonst gewesen. Letztendlich verkauften wir das Haus an eine Apothekerin.
Noch heute träume ich von halbverputzten Räumen, die seit Monaten leerstehen, weil die Handwerker nicht wiederkommen.
Lieber Toni, was für ein erschütternder 3-Teiler! Du solltest die Story hier in Poing an das Eigenheim – Vermittlungshäuschen im Neubaugebiet in einen Schaukasten hängen – das würde so manche junge Familie vor einem Drama bewahren! Ich bilde mir ein, hier in der Nacht ein permanentes Wimmern aus der Richtung des explosionsartig wachsenden Poing Nord zu hören…. wie ein säuselnder Teekessel kurz vor dem Kochen…. arme Seelen, pleite über Generationen….
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Der einzige Trost ist, dass sich alles zum (innerstädtisch) Guten gewendet hat; und dass es nicht mehr lang ist, bis September.
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