Liebe Leser,
neulich war Zinkl mal wieder unterwegs mit seinem guten Kumpel Hans. Auf dem Spazierweg durch Schwabing begegneten ihnen gelegentlich Menschen, die sich lustig verkleidet hatten, weil sie wahrscheinlich dabei waren eine gewisse Festivität aufzusuchen.
Mädels und Burschen, aufs Knackigste hergerichtet, das mussten Hansi und ich zugeben. So ein Dirndl, das verpackt eine hübsche Dame durchaus sehenswert. Die Burschen haben uns weniger interessiert, wir sind ja hetero ausgerichtet.
Wenn es die ganze Bagage an einen Ort hinmagnetisiert, der alles andere ist als eine Wiese, dann spielt es keine Rolle, dass man dort für ein paar wenige frische Schlucke Gerstensaft 12 Euro aus dem Geldbeutel herauskramt, für ein halbes Hendl ungefähr genauso viel. Vom Hendl hat man allerdings etwas mehr, denn die Maß ist schneller lack (für Ausländer: abgestanden), als man „Auf geht’s zum Schichtl“ sagen kann.
Jaja, das knusprige Brathendl! Millionen von Vögeln, denen nach einem geschissenen Leben der Garaus gemacht wird, wirft man einer riesigen Meute von ausgelassenen Home sapiens vor, die sich daran gütlich tun können.
Schrieb ich Homo sapiens? Da muss ich mich vertan haben, denn an diesem Ort geht der Mensch mental zurück zu seinen Wurzeln, als man sich gegenseitig mit Zebraknochen auf den Affenkopf schlug. Aber zumindest nüchtern, denn zu dieser Zeit hatte man mit der Herstellung von Alkohol noch Schwierigkeiten. Deshalb war man damals auch nicht genötigt, sich wegen zu viel Bier hinter großen Zelthäusern sowohl durch die unteren als auch (bei Bedarf) die oberen Öffnungen großzügig zu erleichtern.
Getanzt hat man freilich schon immer. Die von der Jagd siegreich heimgekehrten Steinzeitler ums Feuer und die mehr oder weniger angetrunkenen Zelt-Insassen torkelnd und laut lallend auf hölzernen Bänken. Eine Kakophonie des Grauens.
Kurz noch zum Thema Erleichterung: Wenn Erbrochenes einen finanziellen Wert hätte, könnte man zur Wiesnzeit in den S- und U-Bahnen und in diversen Bahnhöfen ein Vermögen machen. Echt wahr. Grundsätzlich soll hier aber nichts gegen das Kotzen gesagt werden: Angeblich hatte der römische Kaiser Claudius zum Erbrechen Straußenfedern, mit der man es ihm möglich machte, seinen Feinschmeckerbauch mehrmals zu füllen. Wäre das nicht eine nützliche Innovation für die Wiesn 2020? Bunte Kotzfedern, um sich noch mehr Bier und Hendl einverleiben können?
Na na na, nun übertreiben Sie mal nicht, Herr Zinkl. Lassen Sie alter Grantlhuber und Miesepeter doch den netten Menschen ihre Tracht und ihren Spaß auf dem Oktoberfest. Die meisten sind ja ganz lieb, stochern brav in ihrem Steckerlfisch herum, kaufen sich eine Zuckerwatte und watscheln danach zufrieden wieder heim. Und außerdem: Alkohol ist ja nicht unbedingt was Schlechtes, es ist das Schmiermittel der Kommunikation, damit kommen sich die Menschen auch näher und Fremde können Freunde werden. Nicht jeder zertrümmert einen Maßkrug auf seinem widerlichen rotgesichtigen Nebenmann, nur weil dieser kein Fan des FC Bayern ist und das auch noch gesagt hat.
Ich darf hier nun aus passendem Anlass einen sehr kurzen Ausschnitt aus einer Geschichte bringen, die vor einigen Jahren das Licht der Welt erblickte und für die Zinkl und sein Kamerad Hansi die Verantwortung tragen. Es geht um den Rheinländer Martin B., der zum ersten Mal in seinem Leben München besucht, und zwar Ende September 1999.
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… Martin entschloss sich schließlich in ein Zelt namens Bräurosl zu gehen. Drinnen empfing ihn eine von Alkohol-, Rauch- und Schweißdünsten geschwängerte Luft. Die grölende Menge hüpfte gerade auf den Bänken und wackelte zum Ententanz mit Armen, Hüften und Hintern.
Martin suchte sich ein Plätzchen möglichst weit weg von der Musik und quetschte sich an einen Tisch mit einer Gruppe Asiaten. Dort würde man wenigstens keine unangenehmen Gespräche und peinliche Verbrüderungen über sich ergehen lassen müssen.
Martin bestellte bei der korpulenten Bedienung, deren Oberarme ihn an Arnold Schwarzenegger erinnerten, eine Maß Bier, eine Riesenbreze und einen „Radi“. Die Asiaten, es waren vermutlich japanische Geschäftsleute, saßen schweigend aber lächelnd da, nippten an ihren Maßkrügen und versuchten Hähnchen mit Messer und Gabel zu zerlegen, was ihnen sichtlich Schwierigkeiten bereitete.
Nach einiger Zeit, die Menge grölte mittlerweile wieder „Who the fuck is Alice?“, kamen das Bier, die Breze und der Radi, bei dem es sich offenbar um einen in Scheiben geschnittenen Rettich handelte. Die Bedienung knallte den Maßkrug mit solcher Wucht auf den Tisch, dass sich einer der Japaner die Gabel in den Oberkiefer stach. Martin zuckte zusammen. Der Japaner ließ sich aber den Schmerz nicht anmerken und lächelte unvermindert weiter. Doch dabei blutete er so stark, dass in kürzester Zeit sein Oberhemd rot eingefärbt war.
Die anderen Asiaten gestikulierten aufgeregt palavernd mit den Armen, taten aber nichts, um ihrem Kollegen zu helfen. Martin reichte ihm seine Serviette und ein Tempotaschentuch, das sich der Geschädigte zwischen Zähne und Oberlippe stopfte und damit den Blutfluss stoppte. Dankbar nickte er Martin zu und versuchte zu lächeln, doch dabei entstand nur eine hässliche Grimasse, die Martin schließlich dazu brachte, in einem Zug auszutrinken, aufzustehen und die seltsame Gruppe zu verlassen…
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Schön, nicht wahr? Dieser Text stammt übrigens aus dem Roman Ober sucht Frau, von den Autoren Schlicht & Zinkl, welcher bei der Tante Amazon als E-Book zu erwerben ist. Das richtig gebundene Buch (292 Seiten!) gibt es für günstige 12,99 Euro inkl. Versand nur beim Zinkl direkt zu bestellen! Ein sehr fröhliches und unterhaltsames Werk, nebenbei gesagt.
Das war jetzt ein wenig Werbung in eigener Sache, ich finde, das kann man schon mal machen, ist ja sonst keinerlei offizielle Werbung beim Zinkl-Blog zu finden.
Leute, bestellt das Buch, bevor es endgültig vergriffen ist! Einfach eine Mail an: info@studio-zinkl.de.
So, wo waren wir stehengeblieben? Ja, genau, bei der weltweit gerühmten Wiesn.
Weil der Zinkl noch nie eine Lederhose sein Eigentum nannte, ist ihm ja der Besuch dieser Veranstaltung nicht erlaubt. Als Kind und Jugendlicher durfte er das noch, damals trug man keine Tracht, sondern verlief sich dort in gewöhnlichen Alltagsklamotten.
Verlief? Stimmt, als Kind hat sich der kleine Tonerl mal auf dem Oktoberfest fünf Meter von seinen Eltern entfernt und war im Menschengedränge voller Panik den Tränen nahe, dabei befand sich der Rest der Familie nur auf der anderen Seite vom Gebrannte Mandeln-Standl. Oh Gott, das wird der Zinkl nie vergessen. Er ist doch so ein ängstliches Sensibelchen.
Übrigens ist diese Veranstaltung ein wunderbarer Ort ab dem 7. Oktober 2019. Da kann man in aller Ruhe beobachten, wie die Monteure die Bierhäuser, Achter- und Geisterbahnen wieder zusammenfalten und in einen großen Container legen, bis zum Herbst 2020 — da beginnt dann der ganze Affenzirkus erneut von vorne.
Ach, die Wiesn. Auch sie wird es bald nicht mehr geben. Greta und ihre Jünger werden kommen, den Asphalt aufreißen, Blumensamen säen und mitten in München eine riesige Blumenwiese mit Schmetterlingen, Grashüpfern und Blindschleichen entstehen lassen. Dort werden sich Ende September die neuen Blumenkinder versammeln, vegane Häppchen reichen und mit kleinen Enten tanzen. Und es wird ein Frieden sein und keiner wird sich erbrechen und niemand wird daran verdienen. Und es wird gut sein.
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Täusch di, ned Hans….., wenn des so kommen sollte, bin sicher der erste, der sich „erbricht“ und zwar genau vor dem hirnrissigen, kleinen schwedischen Mistkäferl!
Wem de Wiesn ned passt, der brauch ned hingehen, es besteht immer noch kein Wiesnzwang, weder für Einheimische noch für Japaner und andere Saupreissn!
Außerdem gibt es noch genügend Leute, die ihre Tracht (und zwar koane für 99 Euro vom Wiesnausstatter) mit Würde und Überzeugung tragen und sich nicht nur für den „Münchner Landhausfasching“ „verkleiden“, um einmal im Jahr a zünftiger Seppl oder a fesches Resal sein wollen!
Wer sich ein wenig auskennt, der weiß, dass a echte und g’scheide Lederhosn so lange hält, dass man sie getrost weitervererben kann! Unter 1200 € braucht man sich eigentlich keine anschaffen, weil des nur a Glump is, und zwar a „Fensterlederhosn“ Marke Vileda!
Und no was, de ganzen bescheuerten Burscherl und Maderl, die meinen „vorglühen“ zu müssen und wie Penner mit ihren Bierflaschln in der S-Bahn und sonst noch überall rumtorkeln, sollten am besten daheim bleiben! Denn, wenn ich mir des „Festbier“ auf da Wiesn ned leisten kann oder vertrag’, hab ich dort nix verloren! Man geht ja eben wegen diesem besonderen Trunk dort hin! Wenn ich mir natürlich schon vorher irgendwelchen „Plempl“ reinsauge, dann muß ich natürlich scho nach der ersten Maß kotzen!
So, des hat rausmiassn!
Trotzdem allen viel Spaß auf da Wiesn, i geh’ sowieso hi, egal was kommt!
Bäda
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Alles schön und gut, Bäda, aber die Bemerkung über den schwedischen Mistkäfer finde ich nicht so toll. Eine junge Frau, die sich mit solchem Mut und ernsthaftem Engagement gegen schwatzhafte und lahmarschige Bürokraten stellt, verdient nur eines: Bewunderung! Und keine Häme, wie sie weltweit tonnenweise über sie ausgeschüttet wird. Sowas kotzt MICH an.
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Oiso i find’ an Schlusssatz am besten…
vui Spaß an alle, die den Massenauflauf brauchan.
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