Liebe Leser,
mein unerbittlicher Sammlertrieb treibt mich zur Zeit wieder um. Und wenn dem so ist, opfert ihm Zinkl notfalls sein gesamtes Vermögen, wofür nur der wahre Sammler Verständnis hat.
Vor einigen Jahren kam ich auf die Idee, eine möglichst vollständige Edition spezieller Bildergeschichten des amerikanischen Autoren und Zeichners Carl Barks zu erwerben. Comicleser meiner Generation wissen wahrscheinlich, dass Carl Barks der Erfinder von Donald Duck und seiner illustren Verwandschaft in einem sagenhaften Ort namens Entenhausen ist.
Barks hat die berühmte sprechende Ente und seine findigen Neffen Huey, Dewey und Louie (Tick, Trick und Track) 1943 auf die Welt gebracht und in den nachfolgenden Jahrzehnten den duck’schen Kosmos um Scrooge McDuck (Dagobert Duck), Gyro Gearloose (Daniel Düsentrieb), Magica De Spell (Gundel Gaukeley) und viele weitere spaßige Tiermenschen erweitert.
2001 fing die EHAPA Comic Collection damit an, die Duckgeschichten in chronologischer Abfolge (ihres Erscheinens seit 1943) in hochwertig gestalteten 160 Seiten dicken Büchern auf den deutschen Markt zu werfen. Und damit einen Köder auszulegen, den sich triebgesteuerte Angler wie Zinkl schnappen mussten, ob sie wollten oder nicht.
Dabei war der Zinklbub in den 60er Jahren gar kein so begeisterter Duckleser. Er kaufte am Markt Schwabener Bahnhofskiosk meistens Fix & Foxi, später dann Superman / Batman sowie Perry, unser Mann im All (die Pop Art-Version mit schönen fast nackten Frauen drin!).
Warum auf einmal im Lebensherbst Duck-Geschichten kaufen und sammeln? Nun, ein guter Grund ist, dass es einfach großartig und amtlich aussieht, wenn acht hochglänzende Hardcovers im Regal in der richtigen Reihenfolge stehen und sich auf deren Rücken nur dann der vollständige Kopf von der Donald-Ente abbildet. Oder wenn weitere 17 hochglänzende Hardcovers mit Barks Comics & Stories korrekt sortiert im Regal stehen und sich dann die lässig hingekrakelte Unterschrift von Großmeister Barks in kompletter Länge darstellt. Sowas ist einfach geil.
Irgendwann kam ich dann auf die Idee, die Bildergeschichten auch zu lesen. Nämlich vor ein paar Tagen. Und da wurde mir wieder klar, was an den deutschen Versionen der Erlebnisse von Donald & Co. so toll ist. Es sind nicht die Geschichten selbst, in denen es oft darum geht, wie die drei gescheiten Neffen ihren aufbrausenden Onkel zur Weißglut treiben. Oder in denen in immer neuen Varianten gezeigt wird, wie der ultrareiche, ultrageizige Dagobert agiert, um seinen Besitz vor den Beagle Boys (die verbrecherischen Panzerknacker) zu schützen.
Nein, der Lesegenuss generiert sich vor allem wegen der Dialoge in den Sprechblasen, die sich Frau Dr. Erika Fuchs ausgedacht hat, frei übersetzt aus dem Englischen. Diese Dame ist eine Legende, weil sie den Bark’schen Figuren eine Seele gegeben hat, indem sie ganz besonders gedichtet hat.
Beispiel:
Tick, Trick und Track wollen von ihrem Onkel Donald Skier gekauft bekommen und täuschen deshalb im Garten vor, dass es geschneit hat, indem sie Gipspulver verstreuen. Als die drei nach ihrer Tat davoneilen, sagt Donald, aus dem Fenster schauend, zu sich selbst:
»Welch unziemliche Hast! Und einzigartig auch, was sie für weiße Wölkchen aufwirbeln! Fürwahr, eine Erscheinung der unklaren Art!«
Als sich die drei Neffen hinter einer Schneeburg verschanzen (schließlich hat es wirklich geschneit), zieht sich Donald eine Ritterrüstung an und droht ihnen:
»Wohlan denn, ihr kecken Knappen! Wisset, eitel und vergebens ist die Flucht, denn die Rache schreitet schnell!«
Man mag nun einwenden, so besonders ist das doch nicht. Aber in Verbindung mit meist ziemlich profaner Handlung und einfachem auf Schadenfreude basierendem Humor wirkt solche Sprache ganz besonders effektvoll und macht mir einfach Freude.
Darüber hinaus sind die Dialoge der Duckfiguren zum größten Teil angenehm „normal menschlich“, aber immer mal wieder wird so eine textliche Perle eingestreut und hebt die Geschichten ein ganz klein wenig auf das Niveau von Shakespeare & Co.
Ich werde mir deshalb nun also in den nächsten Tagen und Wochen einen beachtlichen Teil des literarischen Werkes von Dr. Erika Fuchs einverleiben. Ganz vollständig ist das für mich kaum zu machen, denn das Team Barks/Fuchs war ja viele Jahrzehnte tagtäglich kreativ.
Saublöderweise habe ich im Jahre des Erscheinens die hochwertige Duck-Edition nicht komplett gekauft (zu geizig, so wie Onkel Dagobert). So dass mir mehrere Bücher gefehlt haben. Als ich gestern online nachbestellen wollte, um endlich vollständig zu sein und natürlich auch, um die komplette Buchrücken-Show im Regal zu sehen, kam der Schlag in die Magengrube:
Barks Library Dagobert Duck, die Bände 3, 9 und 11 vergriffen. Überall vergriffen. Bei EHAPA, bei Amazon, bei booklooker, bei ebay: überall vergriffen!
Barks Comics & Stories, der Band 15 (1 bis 14 und 16 bis 17 habe ich schon) vergriffen. Überall vergriffen. Bei EHAPA, bei Amazon, bei booklooker, bei ebay: überall vergriffen.
Das ist eine Katastrophe größten Ausmaßes. Nicht für die Welt, sondern für einen irren Sammler, der sich nächtelang unruhig im Bett hin- und herwälzen wird, weil er nicht vollständig ist. Vielleicht wird EHAPA die ausverkauften Bücher nachproduzieren? Das könnte passieren. Heute, morgen oder in 15 Jahren. Oder nie.
Dass sich immerhin 37 Barks-Duck-Bücher in meinem Besitz befinden, kann mir zwar ein klein wenig Trost spenden, aber zum völligen Glück fehlt es dann doch ziemlich weit. Knapp daneben ist auch vorbei. Vielleicht muss ich bei einem Duckbuchsammler einbrechen, um die mir fehlenden Bände zu stehlen. Oder ich muss bei ebay Kleinanzeigen eine Annonce aufgeben: Zahle 3.500 Euro für Barks Comics & Stories Nr. 15. Irgend eine Lösung wird mir da schon einfallen. Die Sammlerhoffnung stirbt nämlich zuletzt.
Hi Toni,
nicht, dass Wichtiges im Kontext Fuchs’scher Genialität unerwähnt bliebe:
Die deutsche Grammatik und Germanistik verdanken Frau Dr. Erika Fuchs den sog. „Erikativ“. Die dem Imperativ gleichende Verwendung der Flexform von Verben, mit der comic-kulturell „Begleitgefühle“ vertont werden.
„Ächz“, „Stöhn“, „Grummel“ usw. sind sogenannte Erikative. Das ist Klugscheißerwissen, brächte aber bei Günther Jauch mindestens 32.000 €, mithin immerhin den Gegenwert von Band 15.
Nice day
Kay
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Jetzt sei mal nicht so geizig, musst für so ein fehlendes Exemplar halt mal paar Talerchen locker machen aus deinem Geldspeicher (klimper, klimper…)! Wird dich schon nicht deinen ersten „selbstverdienten“ Kreuzer aus der Vitrine kosten… (stöhn…, seufz)!
Gruß Bäda
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Arrgh! Grins! Kopfkratz! Hust! Harr, harr!
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Hallo Toni,
meine Regale sind mit alten Comics der 50er und 60er Jahre gefüllt, aber nicht komplett, daher kaufe ich immer mal gerne in Hamburgs größten Comic Shop ein.
Dieser Laden bietet dir mehr als eine Million Comics aus der guten alten Zeit aber auch neuere. Schreib mir bitte ganz genau auf, welche du suchst und schick mir, wann die Edition gedruckt wurde, sowie möglichst ein Bild des fehlenden Exemplares. Ich denke, dass ich fündig werden könnte.
Grüße aus Hamburg, Nussi.
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Hallo Roland,
tatsächlich habe ich die gesuchten Barks-Bücher inzwischen wundersamerweise aufgetrieben! Aber danke für dein nettes Angebot! Grüße aus München!
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