Liebe Leser,
es gibt technische Gerätschaften, die begeistern mich tagtäglich immer noch, obwohl sie schon vor geraumer Zeit erfunden worden sind. Beispielsweise der iPod Classic in der Version mit 160 GB Speicherkapazität. Das erstaunliche Musikarchiv- und Musikabspiel-Wunderwerk wurde mit so einer mächtigen Festplatte vor inzwischen elf Jahren von Apple auf den Markt gebracht. Der pure Wahnsinn, dieses Teil!
Wieso? Weil ich von jeher ein fleißiger Sammler von Musik vielerlei Art bin und auf so einem kleinen feinen iPod immerhin 14.956 Stücke unterbringe. Wenn ich im Fitness-Studio mit dem Kopfhörer auf dem Cross-Trainer tanze, habe ich also eine bunte Auswahl zwischen beispielsweise Emerson Lake & Palmer, Ella Fitzgerald, Georg Phillip Telemann, Max Raabe, Kate Bush, Gustav Mahler und Ennio Morricone.
Diese extreme Miniaturisierung von soo vielen Dateien (dabei jede einzelne ja schon hochkomplex) und diese auch noch individuell mit einfachen Fingerbewegungen über das sogenannte „Touch Wheel“ abrufbar: Mein kleiner beschränkter Menschenverstand kann sich nicht vorstellen, wie es möglich ist, so etwas herzustellen. Wie kann man Dinge soo klein bekommen, es ist für mich pure Zauberei! Deshalb habe ich gegoogelt wie narrisch unter der Vorgabe: „Wie wird eine Festplatte hergestellt?“
Oh, das ist nicht unkompliziert! Ich habe herausgefunden, dass Festplatten gar nicht auf der Erde gebaut werden. Weil die Datenkomprimierung auf Atomgröße so unglaublich diffizil ist, übernehmen das die technischen Spezialisten vom Planeten Sirius, ca. 8,6 Lichtjahre entfernt. Nur die können das. Siriusaner sind ja selbst nur ein paar Zentimeter groß, daher tun sie sich auch leichter. Aber fragt mich nun bitte nicht, wie die Warenpost vom Sirius zu uns auf die Erde gelangt. Ganz sicher nicht mit DHL oder UPS. Das sind aber auch alles hochgeheime Informationen, an die kommt man als Ottonormalverbraucher unmöglich ran.
Irgendwann dachte ich mir dann, geht da nicht noch mehr? 14.956 Musikstücke auf dem iPod, ja doch eine ziemlich kleine Auswahl, wenn ich unterwegs bin.
Habe dann herausgefunden, dass es in Übersee findige Hardware-Fuzzis gibt, die den iPod Classic 160 GB auf sage und schreibe 512 GB hochfrisieren können. Das hat mich angetriggert und ich habe mir einen solchen Ultra-Mutanten bestellt. Sieht aus wie ein 160er, aber nun bringe ich 31.619 Musikstücke drauf. Schon besser, würde ich sagen.
Aber keine Freud’ ohne Leid. Es würden, was den reinen Speicherplatz betrifft, locker nochmal 15.000 Lieder mehr draufpassen, aber das kann die iPod-Software nicht mehr stemmen, sie kann das nicht mehr verwalten. Wenn ich das gute Gerät also mit zu vielen Einzeldateien überfrachte, steigt es mit einem großen roten Warnzeichen auf dem Display total aus, will sagen: Tilt!
Dann muss ich das Ding komplett neu initialisieren und wieder von vorne anfangen mit dem Draufkopieren der Dateien, was mindestens 16 Stunden dauert.
Ich beiße also in den sauren Apfel und belasse es bei den 31.619 Musikstücken. Ist doch okay, oder? Ich finde schon.
Ich kann mir ja für die klassische Musik noch einen zweiten Mutanten liefern lassen. Doppelkopf-Mutant Iwan Iwanowitsch Goratschin fällt mir spontan dazu ein, das war eine starke Romanfigur aus der Perry Rhodan-Serie. Goratschin konnte mit reiner Geisteskraft Dinge explodieren lassen …
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Nun sollte man meinen, angesichts dieser ungeheuren technischen Möglichkeiten, zu der die Menschheit fähig ist, wäre es ein lächerlicher Klacks, eine Wasserklosettspülung so zu warten, dass nach Betätigung der Spültaste der erwünschte Schwall Wasser kommt, seine Arbeit tut, dass sich danach der Spülkasten automatisch wieder mit Wasser füllt und dann ruhig verharrt, bis man wieder aufs Klo gehen muss.
Ein lächerlicher Klacks? Mitnichten! Bei mir läuft seit Wochen unbenötigtes Spülwasser nach, endlos nässelt und plätschert es in der Klosettschüssel vor sich hin, eine Wasserverschwendung ist das!
Ich hatte innerhalb eines Zeitraums von drei Wochen bereits drei verschiedene Sanitärspezialisten da, die sich der argen Sache angenommen haben. Sie haben auf die Verschlammung durch stark kalkhaltiges Wasser hingewiesen. Sie haben mir die Sensibilität des sogenannten Spülkastenschwimmers beschrieben und gezeigt. Sie haben Teile gereinigt, Ersatzteile eingebaut, Spültestläufe vorgenommen, weitere Ersatzteile montiert, erneute Spültests durchgeführt, usw. usw., es war ein endloses Treiben.
Immer, wenn einer da war, arbeitete die Spülung für ein paar Tage gut und richtig , dann fing es langsam wieder an zu plätschern und zu laufen und zu laufen. Während ich dies hier schreibe, läuft gerade in meiner Kloschüssel Wasser durch. Dieses Plitschiplatschi-Geräusch treibt mich echt zum grellen Wahnsinn. Mit dem ganzen unsinnigen Wasser könnte ich mir mehrmals am Tag (kalt) eine Badewanne einlaufen lassen, so ich denn eine solche hätte.
Ich bin mit meinen Nerven am Ende. Ich bin kurz davor, meine schönen Mosaikfließen brutal aufzustemmen und diesen gesamten böswilligen Unterbauspülkasten mit Urgewalt herauszureißen, ihn mit Füßen zu treten, ihn durch den Hinterhof zu schleifen, bis er ächzt und wimmert. Wenn ich Goratschin wäre, würde ich ihn auch noch explodieren lassen.
Ich werde mir neben die Kloschüssel einen großen Eimer voll mit Wasser hinstellen, so wie man das früher gemacht hat.
Und dann werde ich mir — bewaffnet mit meinem 512 GB-iPod und einem Sony-Extrabass-Kopfhörer — Death Metal von der schwedischen Band Opeth auf die Ohren wummern lassen und die ganze Sch… mit einem Schwall hinunterspülen.
Neue Technik, alte Technik, man muss es nur richtig kombinieren.
Deine Hoffnung, dass heutzutage irgendjemand was repariert, damit es danach auf Dauer wieder funktioniert, kannst du gleich im Klo runterspülen. Erstens werden die Dinge von vornherein zum Wegwerfen gebaut, dann kann man nämlich mehr verkaufen, zweitens gibt es überall einen Mangel an guten Fachkräften, die wirklich was von ihrem Fach verstehen und drittens ist das Bewusstsein, dass man Dinge möglichst lang erhalten sollte, völlig verloren gegangen. Erst jetzt, wo wir langsam checken, dass es nicht so lustig ist, auf einem überhitzten globalen Müllhaufen zu leben, beginnt langsam ein Umdenken. Sehr langsam. So langsam, dass wir und unsere Kinder und auch noch unsere Kindeskinder damit leben müssen, dass der einzige Fachmann, der wirklich noch was reparieren kann, der Zahnarzt ist (wenn man Glück hat!) – und natürlich mein 83jähriger Schwiegervater Karl Popp, Uhrmacher und Reparierweltmeister aus Karlstein am Main. Ruf ihn an, er repariert dir das Klo und alle deine stehen geblieben Uhren, kaputten Mixer und ächzenden Spülmaschinen mit dazu. Falls er aber keine Zeit hat: Hau weg den Scheiß!
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Hahaha, was ein geiler Blog! Ich finde es auch immer faszinierend, was die Technik kann und fühle mich zutiefst verarscht, wenn etwas so Einfaches und Simples nicht funktionieren will… wie zum Beispiel unsere Schultechnik! Es ist verflucht… die Dokumentenkamera will einfach nicht fokussieren… was das für die Augen und Nerven bedeutet… naja auf, jedenfall ist es sehr traurig, dass das Klo immer noch nicht richtig funktioniert und würde ich im Hintergrund immer dieses Plätschern hören, könnte man mich nach zwei Wochen einliefern lassen, also pass auf dich auf und auf deine Psyche!🥰❤️
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Ich weiß gar nicht, was das Problem ist. Wasser beruhigt. Menschen zahlen viel Geld, um sich einen Zimmerbrunnen zu kaufen. Feng Shui sagt dazu bestimmt auch nur Kluges. 😉
Lieber Toni, ich befürchte, da kommt noch mehr. Meine Erfahrung sagt, es gibt Zeiten im Leben, da wird alles kaputt, Reparaturen laufen ins Leere, vermeintlich Erledigtes braucht ein weiteres Kümmern. Da ist es egal, ob Handwerker kommen oder nicht. Die Zeit gelassen aussitzen, durchhalten und am Ende dieser Phase löst sich alles in Wohlgefallen auf.
Was das genau ist? Die einen nennen es Karma, die anderen begründen es mit Astrologie… egal, vorher kannst Du machen, was Du willst, es wird nichts werden. Es gibt Phasen für Reparaturen und Phasen für Defekte.
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