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Liebe Lachende,

eine ganz besonders beliebte Serie auf Amazon Prime ist zur Zeit LAST ONE LAUGHING. Die mehrteilige Show läuft jetzt bereits in der zweiten Staffel, sie wird von Michael „Bully“ Herbig präsentiert — er hat sie sich wohl mit seinen fröhlichen Brainstorm-Kollegen auch ausgedacht.
Es geht darum, dass sich zehn professionelle Spaßmacher und Blödler (man nennt sie schon seit Jahrzehnten nicht nur in der Bundesrepublik ganz cool „Comedians“) in einem großen gemütlichen Wohnzimmer versammeln, für eine knappe halbe Stunde. Dann soll jeder dieser zehn versuchen, die anderen zum Lachen zu bringen, indem er besonders witzig ist. Wer sich hinreißen lässt und lacht, ist ausgeschieden und muss das Wohnzimmer verlassen. Wie bei den „zehn kleinen Negerlein“ (oder sollte man nicht besser korrekt sagen: „zehn kleine schwarze Kinder“?) bleibt am Ende der zehn Folgen derjenige Teilnehmer übrig, der wie ein Fels in der Brandung standgehalten hat und nie auch nur sichtbar schmunzeln musste, wenn seine Kollegen noch so lustige Faxen machten.

Der Zinkl lacht gerne und war neugierig und hat sich eine Folge dieser erfolgreichen Show angeschaut. Ich kenne aus dem Fernsehen nur ein paar wenige Comedians (Engelke, Pastewka, Hill, Boning), aber seit geraumer Zeit gibt es sie ja wie Sandkörner am Kinderspielplatz. In der Show waren daher auch ein paar Leute, die ich noch nie vorher gesehen hatte.
Einer legte gleich wie irre los, begann sich wie ein debiles Kind aufzuführen, machte Grimassen und tat so, als hätte er eine unsichtbare Sprechpuppe bei sich, auf welche er einschrie. Nie im Leben hätte mich diese affige Vorgehensweise auch nur zu einem schwachen Grinsen verleiten können, aber die weiblichen und männlichen Kollegen im Wohnzimmer kämpften schwer damit, nicht loszuprusten. Schließlich hat es die Teilnehmerin Barbara Schöneberger nicht mehr ausgehalten und wurde deshalb aus dem Raum geschickt. Gleich als erste verloren, die Barbara! Ja mei, sie ist halt eine Frohnatur und lacht gerne, kann man es ihr verübeln?

Als die Schöneberger gehen musste, musste ich ebenfalls gehen bzw. abschalten — auch weil ich von der hysterisch gutgelaunten und aufgesetzten Art, wie Bully die Show präsentiert, voll angenervt war. Wie gesagt, ich lache gerne, aber wie es schon damals der Ziegenbock Bobesch aus der Augsburger Puppenkiste mit tschechischem Akzent hinausschrie: „Es is’ ma unmäääääääääglich.“
Vielleicht ist es was anderes, wenn man in dieser Wohnzimmerkulisse live dabei ist und die lustigen Menschen hautnah miterlebt, wie sie sich gegenseitig im Witzigsein zu übertreffen suchen. Das mag sein, vor der Mattscheibe fand ich es einfach nur unangenehm, ja beinahe eklig.

Eine ganz andere Art von Lachen zeigt dagegen der Mime Joaquin Phoenix als Arthur Fleck in dem faszinierendem Film „Joker“. Fleck ist ein erfolgloser Comedian, dem es schlecht geht und der auch noch an einer seltenen Lachstörung leidet. Er muss zwanghaft lachen in Situationen, die er überhaupt nicht lustig findet. Er wird verspottet, erniedrigt, geschlagen, verliert auch noch seinen lausigen Job als Clown. Wenn Phoenix in dieser Rolle „lacht“, dann ist das wirklich verstörend und traurig und mir gehen diese Szenen sehr nahe.

Als Kind und Jugendlicher konnte ich oft bei Filmen lachen, dass mir der Bauch wehtat. Ich erinnere mich an Louis de Funes als Gendarm von Saint Tropez, als er sich bei einer Tanzveranstaltung während des Tanzes mit einer Dame eine Schallplatte vor das Gesicht hielt, um nicht von jemand anderem erkannt zu werden. Oder als er in rasender Wut über vertauschte Koffer durchdrehte, seine Nase imaginär weit langzog und verknotete. Ich lag fast am Boden, so lustig fand ich das.
Legendär auch Danny Kaye in „Der Hofnarr“ von 1955 — kennt, glaube ich, fast jeder. Wiederum eine Tanzszene, total irre choreographiert, und Kaye mittendrin in dem Spektakel. Der ganze Film ist ein Torpedo an Gags in Sprache, Mimik und Bewegung. Ich habe ihn erst kürzlich wieder gesehen und er hat mich erneut in sehr heitere Stimmung gebracht. Der Becher mit dem Fächer!

Ich konnte damals sogar laut über viele Kurzgeschichten von Ephraim Kishon lachen, das wäre mir heute nicht mehr möglich. Beispielsweise über den Kühlschrank, der aufgrund seiner Vibration anfängt zu wandern. Kishon: „Was zur Freiheit geboren ist, das soll man nicht knechten“. Das fand ich ausgesprochen lustig.
Leider passiert es mir heute nur noch extrem selten, dass mich gewisse Stellen in Büchern stark erheitern. Solche Bücher wie „Hummeldumm“ von Tommy Jaud schaffen es jedenfalls nicht. Max Goldt schon eher, er ist feinsinnig und schön boshaft: „Das Publikum klatscht doch nicht, weil ein Lied besonders gut ist, sondern weil es ein Lied bereits kennt. Es beklatscht sein eigenes Gedächtnis.“

Auch wenn ich selbst im Alter vieles nicht mehr sooo lustig finde: Ich hoffe zumindest, dass ich es manchmal in meinen Blogs schaffe, dass der eine oder andere Leser darüber lachen oder schmunzeln kann. Das wäre wunderbar, wenn das geschehen könnte. Ich bekomme es ja nicht mit und sehr selten Feedback, aber egal. Ich bemühe mich darum, und es ist auch nicht uneigennützig, denn es bringt mir selbst einen ziemlichen Spaß.

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