Liebe Freundinnen und Freunde unheilvoller Visionen,
was tut man eigentlich, wenn man als Grafiker einen dringenden Job für einen treuen Kunden auszuführen hat, natürlich pressiert es — und auf einen Schlag brummt der Computer sehr laut und bedrohlich mitten in der Arbeit und der Bildschirm wird dunkelgrau und macht darüber hinaus keine Anstalten mehr, sich hell und aktivfreundlich zu benehmen?
Ja, richtig, man fällt in ein tiefes schwarzes Loch und verzweifelt darin. Man könnte gewiss der wohlwollenden Kundschaft von dem Malheur berichten und bedauern, dass man den Job leider nicht mehr ausführen kann, zumindest überhaupt nicht zeitnah. Aber wie unangenehm ist das! Man verlässt sich auf ihn, auf den Zinkl, der stets zur Stelle ist, am Tag und nachts. Dafür wird er ja schließlich immer wieder gern beauftragt und schön honoriert.
Wenn das eine Wurstbrot in den Schlamm gefallen ist, dann macht man sich halt ein zweites, neues Wurstbrot. Es ist immer ein bisserl Wurst im Kühlschrank. Aber bei der Computerei ist das nochmal etwas anders, ganz anders als bei einem gefallenen Wurstbrot.
Damit wir uns richtig verstehen: Die oben beschriebene Misere ist mir nicht passiert, Gott sei es gelobt. Aber ich habe geträumt, dass es mir passiert ist. Es war ein Traum des Schreckens, schlimmer noch als die Träume von den Installateuren, auf die man seit Monaten wartet, damit sie endlich die Klosettschlüssel montieren.
Diese Computerkaputt-Vision verfolgt mich nun seit Tagen in meinem Wachzustand, seitdem ich aus dem Urlaub zurückgekommen bin. Im letzten Blog habe ich von meiner wunderbaren Hollandreise berichtet. Wäre ich doch nur nie heimgekommen. Keine Ahnung, wieso mich plötzlich so eine Panik erfüllt. Mein Computer geht doch, gerade sitze ich dran und verfasse diesen Blog. ER GEHT DOCH!
Ist das vielleicht ein Vorgeschmack auf die finale Vernichtung des ureigenen Ichs? Verfluchtes Pflichtbewusstsein, das mich die letzten 40 Jahre im Griff hatte. Es lässt mich nie mehr los. Dabei bin ich doch schon fast am Vorabend zur Pension. Man muss sich halt damit abfinden, irgendwann ist Schluss mit dem Arbeitsleben. Und wenn man es nicht selbst schafft, ein Ende zu setzen, dann tut es halt der Computer. Er steigt aus und sagt: Zinkl, so du alter Rackerkäfer, das war’s jetzt mit uns beiden. Aber ich bin doch erst 62! Heutzutage muss man mindestens bis 70 arbeiten und Geld verdienen, sonst reicht es nicht, wenn man so alt wird, wie Johannes Heesters geworden ist. Und das ist ja nicht ganz auszuschließen, dass man so alt wird.
Ich werde mir einen zweiten Computer anschaffen, einen Ersatzmann gewissermaßen. Er soll wie ein Klon sein, mit der gleichen Software bestückt, wie mein jetziger. Damit ich im Falle eines bösen Falles nur einen Meter nach links rutschen muss an meinem Schreibtisch. Fliegender Wechsel am Arbeitsplatz!
Ich bin ein altmodischer Mann und arbeite mit altmodischem Gerät und altmodischen Programmen. Wisst ihr, dass es nicht leicht ist, altmodische Hard- und vor allem aber uralte installierbare Software zu bekommen? In einer Welt, in der superduper Unternehmen wie Apple und Adobe davon leben, immer wieder Innovationen auf den Markt zu werfen — und seien diese auch noch so klein. Es gibt auch schon lange keine Kauf-Software von Adobe mehr, nein, man muss diese heutzutage für einen fetten Monatspreis mieten. Und wenn man die Miete dafür nicht mehr aufbringen kann oder will, ist es vorbei mit der Lizenz. Ich verstehe ja Adobe, dass sie nicht pleite gehen wollen, aber ihre belanglosen Programm-Updates braucht kein alter Grafiker mehr und außerdem war ich noch nie Leasing-Mensch.
Also muss man zu ebay schleichen oder zu fragwürdigen Internetfirmen wie „refurbed“, die alte Ware angeblich generalüberholt als neuwertig verkaufen. Warum ich so skeptisch bin? Weil ich mir bei „refurbed.com“ eine Computertastatur habe schicken lassen, so gewissermaßen als dezenten Einstieg in das große Projekt „Ersatzmann“.
Erst hat der überforderte Getränkehändler (welcher außerdem als DPD-Paketannahmestelle fungiert) in seinem Packerlchaos eine Viertelstunde gekramt — ich war mir schon sicher, er würde nicht fündig werden. Aber dann doch. Als ich die Schachtel daheim auspackte (sie kam aus Frankreich!), lag die Tastatur lose drin, die rechte äußere Taste war deutlich sichtbar verklemmt und das ganze Objekt war so verbogen, dass es als Wippe dienen mochte, aber nicht als funktionstüchtiges Instrument. Irre! Wenn das unter „refurbished“ zu verstehen ist, dann gute Nacht, Freunde, es wird Zeit, für mich zu geh’n.
Habe ich Zeit und Lust, mich mit der Schadensbeschreibung und der Rücksendung zu beschäftigen? Habe ich eigentlich nicht. Hätte ich nur bei der Tante Amazon gekauft. Da ist alles so kinderleicht. Deshalb ist die gute Tante auch so gigantisch groß geworden, deshalb!
Ich bin ein wenig demotiviert. Wenn das schon so losgeht, pfff, ich werde hervorragende Nerven brauchen im Laufe der nächsten Wochen. Und wenn dann mit Gottes Hilfe und dem Beistand aller willigen Engel das Werk vollbracht sein wird — wird mein jetziger Computer erst recht nicht kaputtgehen. Er wird noch treu laufen, wenn ich es längst nicht mehr kann. Aber ich werde dann vielleicht auch nicht mehr diesen Traum haben, sondern nur noch jene von den Handwerkern, die die Baustelle nie zu einem Ende bringen.
Dein zuletzt genannter Traum ist wohl der realistischere! Also, beruhige dich! Man muss alles nur erwarten können und Zeit hat man in deinem Alter ja genug…….!! 😉
Bäda
P.S. Oide Autos sind da eher zuverlässig und easy zu reparieren!
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