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Liebe Erleuchtete,

wenn der Zinkl mal aus seiner Wohnung spaziert, muss er nur 300 Meter zurücklegen, um das hell erleuchtete Schaufenster eines kleinen trendy Vinyl-Ladens begutachten zu können. In dem Geschäft kann man gebrauchte und neue Schallplatten kaufen. Als ich vor einigen Jahren noch diese Sorte von Tonträgern erworben habe, in einem wilden Nostalgierausch, bin ich öfters auch im Laden drin gewesen. Inzwischen begnüge ich mich damit, mich an der fein dekorierten Auslage zu erfreuen.

Der Ladenbetreiber scheint ein großer Liebhaber von 70er Jahre-Interieur zu sein, obwohl er in dieser Decade ganz sicher noch nicht auf der Welt gewesen sein dürfte, der Jüngling. Nämlich hat er seine Räumlichkeiten mit plakativer Ornamentik in Orange tapeziert, so wie ich das in meinem Kinderzimmer hatte. Außerdem hat er neuerdings im Schaufenster die „XXL Big Harvey Guzzini Space Age Ball“-Bodenlampe ausgestellt — diese leuchtet ganz allerliebst in warmem Orange und wärmt mir das Herzerl in diesen frostigen Herbsttagen. Die Lampe hat es mir angetan. Noch dazu, weil ich sie auch in einer Folge der 70er Jahre-Krimiserie „Der Kommissar“ in der Wohnung eines sogenannten Hippiemädchens gesehen hatte.

Ehrlich gesagt, war mir bis dato „Guzzini“ kein Begriff gewesen, ich ungebildeter Tropf. Meine liebe Alexandra sprach den Vinylverkäufer darauf an und er klärte sie auf. Und nein, er würde das Schmuckstück auf keinen Fall verkaufen. Harvey Guzzini war ein italienischer Designer, der damals ganz besondere Lampenmodelle entworfen hatte — inzwischen sind diese spacigen Wunderwerke teure Antiquäten. Im Internet gibt es für die obengenannte Space Ball-Lampe Angebote zwischen 1.450 und 6.545 Euro, je nachdem, wie gut das Teil noch erhalten ist.

Der Gedanke, diese Lampe besitzen zu wollen, manifestierte sich schließlich fest in meinen Synapsen, aber ich bin auch ein kleiner Geizkragen. Und habe für so eine Bodenlampe eigentlich gar keinen Platz in meiner Wohnung. Und außerdem kam es mir irgendwie schwach vor, sie zu kaufen, nur weil sie der Vinylfuzzi unberechtigter Weise bei sich präsentierte. Ich googelte, was es sonst noch von Guzzini im europäischen Retroleuchtenkarussell zu entdecken gab.

Und da fand ich SIE! Eine Guzzini Space Age STEHLAMPE. Ungefähr so hoch wie ich, mit einer 45 cm durchmessenden orangen Kugel auf dem Metallständer. Boah, ich war völlig geflasht. Ein Leuchtkörper der außer- und überirdischen Art! Über 2.000 Euro sollte sie allerdings kosten, beim Online-Händler Pamono. Happig. Aber bei ebay bot ein gewisser hondamini4t aus Budapest diese Lampe für die Hälfte des Preises an zzgl. Versand. Was soll ich groß um den heißen Lampenbrei herumreden: Ich schlug zu.

Ein paar Tage später brachte mir UPS zwei riesige Pakete ins Haus. Alexandra und ich brauchten eine gute Stunde, um den wertvollen Inhalt herauszuwühlen, denn der hervorragende Karl aus Budapest hatte eine vorbildliche Supersafe-Verpackung um Ständer und Lampenkugel gelegt. Ich finde, der Kauf hat sich unbedingt gelohnt, denn nun steht sie da und illuminiert gleich einer goldenen Spätnachmittagssonne meinen Bürotrakt, dass es eine wahre Freude ist. Harvey Guzzini, du bist ein Held der glorreichen 70er Jahre, neben Alice Cooper und Keith Emerson.

Ich muss jetzt das dringende Bedürfnis unterdrücken, noch fünf weitere Guzzini-Lampenmodelle zu kaufen. Das fällt mir aber nicht schwer, denn ich bin ja ein vernünftiger Mensch und nicht maßlos in meinem Begehren.

Übrigens: Gerne kann man mich besuchen, um das leuchtende Stück zu bewundern. Dazu serviere ich passenderweise einen Aperol Sprizz und italienische Kekse. Advent, Advent, Guzzini brennt!

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