BvsN-02

Fortsetzung von Blog Nr. 238

»Hallo, Neumann, beruhigen Sie sich! Es ist ja alles gut. Neumann!«

»Bitte schneiden Sie mir nicht den Finger ab. Bitte nicht!«

»Neumann! Beruhigen Sie sich. Niemand schneidet Ihnen hier den Finger ab.«

»Dann nehmen Sie bitte dieses Messer weg!«

»Ich habe es weg getan. Sehen Sie es noch? Es ist jetzt wieder in meiner Hosentasche. Beruhigen Sie sich.«

»Ich verstehe das nicht. Was ist denn nur los mit Ihnen? «

»Neumann, lassen Sie es mich erklären. Sie können sich beruhigen, alles safe jetzt.«

»Safe? Dann kann ich jetzt gehen?«

»Hören Sie. Sie kennen doch sicher das Prinzip „good cop, bad cop“. Das kennen Sie doch aus Kriminalfilmen, nicht? Schauen Sie, das war der bad cop. Very bad, okay?«

»Wie bitte, das war nicht ernst gemeint, was Sie zu mir gesagt haben? Das war alles nur ein beschissenes Spiel?«

»Es WAR ernst gemeint. Auf jeden Fall. Aber vom bad cop. Verstehen Sie? Jetzt ist der good cop da.«

»Der good cop? Und der lässt mich jetzt endlich gehen?«

»Nope.«

»Sagen Sie bitte dieses blöde Wort nicht mehr. Bitte.«

»Hey, Neumann, vergessen Sie das. Aber sie haben recht, dieses Wort „Nope“, das gehört zum bad cop.«

»Warum treiben Sie so ein schizophrenes Spiel mit mir?«

»Mir geht es um die Wahrheit, um nichts sonst. Die Wahrheit!«

»Nichts anderes habe ich Ihnen bisher gesagt, Herr Kommissar.«

»Okay. Also noch einmal von vorne. Ihre Freunde waren bei Ihnen zum Schafkopfen, ist das richtig?«

»Ja, das waren sie. Die Herren Stiegler, Holzmann, Sommerthal und Herrn Sommerthals Gattin Doris.«

»Und während der Zeit waren Sie wegen eines schweren Durchfalls auf dem Kosett. Etwas länger. Ist das korrekt?«

»Ja, das war ich, das ist die reine Wahrheit und nichts als die Wahrheit.«

»Hey, Neumann, wollen Sie jetzt ironisch werden? Kaum haben Sie sich etwas beruhigt, schon werden Sie ironisch?«

»Nein, Herr Kommissar, gar nicht ironisch. Ich wollte nur sagen: Es stimmt, es ist wahr, ich war einmal auf dem Klosett, weil ich Durchfall hatte von den Birnen. Ich vertrage keine Birnen, das kann ich beweisen.«

»Okay. Sie vertragen keine Birnen. Das werden Sie auch noch beweisen müssen. Wir haben Birnen hier, extra besorgt. Aber das hat Zeit. Sie haben Ihre Nachbarin nicht erschlagen und ihr Geld nicht genommen? Ist das richtig?«

»Ja, Herr Kommissar, das stimmt. Ich habe das doch auch gar nicht nötig. Ich verdiene doch selbst sehr gut als Grafik-Designer. Außerdem mochte ich Frau Landauer.«

»Sie wissen schon, dass Frau Landauer eine berühme deutsche Schauspielerin war?«

»Natürlich weiß ich das. In dem Film „Die Frau von gestern“ habe ich sie damals sogar im Kino gesehen.«

»Soso, im Kino! Fanden Sie Frau Landauer attraktiv damals?«

»Ja, schon, aber sie ist ja nun ein alte Dame, das ist lange her.«

»Herr Neumann, Sie lügen mich an. Frau Landauer war 72. Als sie noch lebte. Sie sind, wie ich Ihren Akten entnehme, 43. Dieser Film kam 1983 ins Kino. Da waren sie nach Adam Riese also damals drei Jahre alt. Wollen Sie mir etwa weismachen, Sie waren mit drei im Kino bei „Die Frau von gestern“?«

»Äh, nein, entschuldigen Sie, Herr Kommissar, in der Aufregung muss ich etwas verwechselt haben. Ich habe den Film bestimmt viel später im Fernsehen gesehen. Ja, genau. Ich war nicht mit drei Jahren im Kino gewesen!«

»Na also. Es geht doch. Die Wahrheit ist garnicht so schwer.«

»Ich habe Frau Landauer nichts getan. Und würde auch ihr Geld nie nehmen. Das würde ich niemals tun. So eine liebe alte Dame.«

»Wieso kennen Sie die Landauer eigentlich so gut? Wollten Sie sie ausspionieren, um herauszufinden, wo sie ihr Geld versteckt hat?«

»Nein, Herr Kommissar, wir haben nur ab und zu Schwarzwälder Kirschtorte gegessen. Sonntags, zweimal im Monat.«

»Schwarzwälder Kirsch! Sososo. Schwarzwälder Kirsch.«

»Ja, das hat sie geliebt, die Frau Landauer. Sie hat dabei immer auch nette Geschichten erzählt, aus der Zeit, als sie noch gefilmt hat.«

»Nette Geschichten! Und dann hat man sie erschlagen. Das ist alles andere als eine nette Geschichte. Wer, glauben Sie, hat das getan? Wen hat sie hereingelassen. Wenn nicht sie?«

»Das weiß ich doch nicht, Herr Kommissar? Das kann ich doch gar nicht wissen!«

»Sie können jetzt gehen, Neumann. Ich nehme es Ihnen zwar nicht ab, dass sie nur so zum Schwarzwälder Kirsch-Spaß bei Ihrer Nachbarin angetanzt sind, aber ich kann es Ihnen nicht nachweisen. Doch eines sage ich Ihnen: Wir sind noch nicht fertig miteinander, ganz bestimmt nicht.«

»Okay Herr Bonzo. Dann gehe ich jetzt. Ich stehe jetzt auf und gehe.«

»Bronzo. Ich heiße Bronzo. Mit „r“. Merken Sie sich das.«

»Jawohl, Kommissar Bronzo.«

Neumann stand vorsichtig auf und ging langsam zur Tür. Hinaus aus dem Polizeipräsidium.

Fortsetzung folgt

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Abbildung: Peter H auf Pixabay