BvsN-06

Fortsetzung von Blog Nr. 242

16. Februar, Donnerstag, 17.00 Uhr.

»He, Neumann! Machen Sie auf. Ich weiß, dass Sie da sind, Neumann! Verdammt, hören Sie mich? NEUMANN!« Bronzo hämmerte gegen die massive hölzerne Wohnungstüre der Altbauwohnung.

»Wer ist da?«

»Das wissen Sie ganz genau. Nope? Ich nehme an, Sie erinnern sich. Machen Sie auf, ich will nur mit Ihnen reden.«

»Ich werde einen Teufel tun. Sie sind doch unberechenbar.«

»Hören Sie, Neumann. Ich tue Ihnen nichts, obwohl ich allen Grund dazu hätte. Muss ich mit einem Durchsuchungsbeschluss wiederkommen?«

Stille.

»Neumann! Wir reden ganz ruhig miteinander, das verspreche ich Ihnen. Just good cop, großes Ehrenwort.«

Neumann öffnete, er war bleich im Gesicht, offensichtlich total verängstigt. Bronzo trat langsam ein, dann griff er in die Tasche, holte das Päckchen mit der locker umwickelten Schleife heraus und warf es lässig auf Neumanns Tisch.

»Return to sender.«

»Was ist das?«

»Ach kommen Sie, Neumann, dieses Spielchen können wir uns doch sparen. Ich kann ja nachvollziehen, dass Sie nach unserem Verhör eine Mordswut auf mich hatten. Das geht klar. Aber meine Frau hat damit NICHTS zu tun. Dieses kleine Scheißpaket war jedoch an sie adressiert. Was sollte das? WAS SOLLTE DAS?«

»War doch nur ein Scherzartikel. Beinahe hätte ich ihn noch mit meinem echten Blut getränkt. Da, sehen Sie den Verband? Ich war schon drauf und dran, aber ich kann einfach kein Blut sehen. Konnte ich noch nie. Daher der Gag mit der Blutwurst.

»Soso. Gag. Kein echtes Blut. Da kann ich Ihnen helfen, Neumann.« Bronzo langte in die Tasche und holte sein Klappmesser heraus.

Neumann hatte plötzlich ein riesiges Küchenmesser in der Hand und schrie: »NEHMEN SIE DAS MESSER WEG!« Er hielt das Küchenmesser mit beiden zitternden Händen vor sich und war offensichtlich zu allem bereit.

»Hey, Neumann! Alles gut. Hier ist der good cop. Legen Sie das Messer zurück, sie verletzen sich noch selbst damit. Ich habe doch nur Spaß gemacht.«

»Ihre beschissenen „good cop, bad cop“-Spielchen sind alles andere als ein Spaß, Sie Sadist. Ich habe Albträume wegen Ihnen.«

»Soso, Albträume! Dann geben Sie endlich zu, dass Sie die Landauer ermordet haben?«

»Natürlich nicht! Ich habe Ihnen schon mehrmals gesagt, dass Ihr Verdacht völlig unbegründet ist. Machen Sie sich endlich auf die Suche nach dem richtigen Täter, als bloß ständig mich zu belästigen.«

»Wer hat hier wen belästigt, mein Freund? WER hat diesen lächerlichen Blutwurstfinger verschickt? Wollen Sie sich mit mir anlegen? Das können Sie gerne haben. Aber wer sich mit Bronzo anlegt, der muss vedammt früh aufstehen. Legen Sie jetzt das Küchenmesser weg, sonst mache ich ernst. Das nennt man dann Notwehr.«

»Okay. Und sie tun ihr Klappmesser weg. Spielen Sie wieder den good cop, wenn es recht ist.«

»Wissen Sie, Neumann. Ich mache meinen Job schon ziemlich lange und weiß, was ich tue. Aber Sie wissen es offensichtlich nicht. Ihr kleines nettes Geschenk ist eine ganz unverhohlene Bedrohung meiner Frau gegenüber gewesen. Sie war wirklich verängstigt. Und wer meine Frau verängstigt, der bekommt es mit mir zu tun.

»Wie gesagt, es war nur ein Scherzartikel.«

»Nein, es war eine Drohung, eine Warnung. Und dafür bringe ich sie hinter Gitter. Vielleicht nicht für den Mord an dieser Landauer, aber für eine sehr hinterfotzige aggressive Bedrohung eines Polizeibeamten und seiner Gattin. Das reicht aus, um Sie fertigzumachen, Neumann.«

»Ach kommen Sie, vergessen wir die Sache. Wollen Sie einen Kaffee?«

»Sie kleines Arschloch. Ich soll diese Sache vergessen? Wieso sollte ich das? Ich habe Ihre Lieferung bereits dokumentiert, einen Bericht darüber geschrieben. Tut mir leid, Neumann, Sie haben sich da wohl ziemlich verschätzt.«

»Hören Sie auf, Sie meinen das doch nicht ernst.«

»Sie werden mir jetzt ein Geständnis auf Band sprechen. Dass Sie Kommissar Bronzo und seine Frau bedroht haben.« Bronzo holte ein kleines Aufnahmegerät aus der Tasche.

»Da mache ich nicht. Ich weigere mich. Ich mache das nicht!«

»Dann erschieße ich sie und werde dazu den passenden Bericht schreiben.«

»Das ist nur wieder dieses widerliche bad cop-Getue.«

»Sie wollen es darauf ankommen lassen?« Bronzo grinste ihn hässlich an und zeigte ihm eine Waffe unter seiner Jacke.

Neumann stand da wie eingefroren. Bronzo sah ihm seine Verzweiflung an. »Darf ich mir wenigstens einen Espresso machen, bevor Sie ihr Tonband einschalten?«

»Sie dürfen mir sogar ZUERST einen machen, Neumann.« Bronzo setzte sich an den Küchentisch und legte das Aufnahmegerät vor sich.

Gerald Neumann drehte sich langsam zu seiner Nespressomaschine um und legte eine Kapsel ein. Neben der Maschine lag das Tütchen. Er stand mit dem Rücken zu Bronzo.

»So habe ich Neumännchen gerne.«

Die Nespresso-Kapsel wurde ausgepresst, das Kaffeerinnsal ergoss sich in die Tasse. Neumann drehte sich um und brachte Bronzo die gefüllte Tasse mit zitternder Hand.

»Jetzt geht Ihnen der Arsch auf Grundeis, was?«

Während Gerald einen zweiten Espresso zubereitete, nahm Bronzo einen Schluck.

»Gut, Neumann. Wirklich gut. Jetzt starten wir unsere kleine Aufnahme. Aber nicht lügen!« Bronzo grinste.

Bronzo trank seine Tasse aus und glotzte Neumann komisch an. Vor seinen Augen verschwamm alles und kaum, dass er registrieren konnte, wie ihm geschah, kippte er vom Stuhl und landete bewusstlos auf dem Linoleumboden. Das Tütchen neben der Nespresso-Maschine lag aufgerissen da, Neumann trank langsam seinen Espresso.

Fortsetzung folgt

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Abbildung: Karolina Grabowska auf Pixabay