BvsN-07

Fortsetzung von Blog Nr. 243

16. Februar, Donnerstag, 17.30 Uhr.

»Herr Neumann, ist alles in Ordnung bei Ihnen? Herr Neumann!«

Nein, ausgerechnet jetzt die Kreitmayr! Sie schien von dem Geschrei mit dem Kommissar was mitbekommen zu haben.

»Herr Neumann, sie sind doch da. Können Sie mir bitte mit zwei Eiern aushelfen?«

Von wegen Eier. Die alte Kreitmayr war doch nur scheißneugierig, was bei ihm in der Wohnung abging. Neumann wusste leider aus Erfahrung, dass sich seine Nachbarin nicht würde abwimmeln lassen. Er öffnete die Wohnungstüre einen Spalt. »Frau Kreitmayr! Ich habe leider selbst keine Eier im Kühlschrank. Tut mit leid.«

Die Kreitmayr versuchte was zu erspähen. »Was war denn da los bei Ihnen, Herr Neumann! Da hat jemand geschrien, so laut, dass ich das bei mir im Wohnzimmer noch gehört habe. Ich wollte schon fast die Polizei anrufen.«

»Ach, das war doch nur der Fernseher. Ich habe ihn wohl ein bisserl zu laut gehabt. Ein Krimi, wissen Sie.«

»Schwindeln Sie mich an, Herr Neumann? Das hat sich nicht nach Krimi angehört, so ganz ohne Musik. Außerdem läuft doch jetzt gar kein Krimi.«

»Bei mir schon. Auf BlueRay, wissen Sie.«

»BlueRay, soso! So modern bin ich natürlich nicht. Ich schaue immer Bayern, das dritte Programm, wissen Sie. Dahoam is dahoam, kennen Sie das?«

»Frau Neumann, ich habe jetzt leider gar keine Zeit für sowas, ich muss dringend was erledigen, tut mir leid.«

»Was ist denn das für ein Fuß, den ich da sehe? Liegt ja jemand auf dem Boden?«

»Ein Fuß, äh, nein, das ist doch nur ein Schuh von mir.« Neumann stieg die Hitze ins Gesicht. Die verdammte Alte und ihre eifrigen Spionageäuglein!

»Da liegt doch jemand! Um Gottes Willen, Herr Neumann, ist der krank? Sie müssen den Sanitäter anrufen!«

»Nein, meinem Onkel ist nur kurz schlecht geworden. Der erholt sich gleich wieder. Ganz im Vertrauen, er hat ein bisserl zuviel getrunken.«

»Hatten Sie Streit mit ihrem Onkel? Und jetzt liegt er da? Herr Neumann, das ist aber unangenehm für Sie. Tut mir leid. Wissen Sie was, ich habe gerade Zeit, ich helfe Ihnen, dass ihr Onkel sich wieder besser fühlt.«

»Nein, Frau Kreitmayr!« Neumann wurde jetzt etwas lauter. »Ich kümmere mich schon um ihn. Ich kenne doch meinen Onkel. Der ist gleich wieder fit und fidel.«

»Ist ja schon gut, da müssen Sie sich doch nicht gleich so aufregen. Ich helfe immer gerne, wo ich kann. Das wissen Sie doch. Ich glaube aber, ich rufe jetzt trotzdem die Polizei. Wenn ihr Onkel wieder aufwacht und dann geht das Geschrei wieder los, das ist mir nicht geheuer. Nur zu Ihrer Sicherheit, wissen Sie.«

»FRAU KREITMAYR! Also gut, kommen Sie herein, es ist nett, wenn Sie mir helfen wollen mit meinem Onkel.

»Gleich, Herr Neumann, ich hole nur noch mein Flascherl mit Riechsalz. Das hilft immer.«

Und weg war die Alte. Die Wohnungstüre blieb angelehnt. Neumann lief in die Küche, holte die Flasche mit Chloroform — er war gut ausgestattet, für alle Fälle — befeuchte hastig ein Küchentuch und drücke es dem leise stöhnenden Kommissar aufs Gesicht. Dessen Augen starrten ihn kurz an, schlossen sich aber gleich wieder. Erneut Gute Nacht, Bronzo.

»Herr Neumann, ich habe das Flascherl dabei. Gleich wird es ihrem Onkel wieder besser gehen.« Frau Kreitmayr spazierte entschlossen in Neumanns Wohnung, zu dem bewusstlosen Herrn. Welcher wie tot aussah.

»Um Gottes Willen, der sieht aber nicht gut aus, ihr Onkel! Der muss wohl am besten gleich ins Krankenhaus. Sie müssen die Sanitäter kommen lassen! Sofort!«

»Frau Kreitmayr! Ich habe Ihnen nicht die Wahrheit gesagt. Das ist gar nicht mein Onkel. Das ist ein Einbrecher. Er sagte, er wäre hier, um den Gasverbrauch abzulesen, da habe ich ihn reingelassen. Er hat mich bedroht, mit einem Messer, er wollte Geld, und da habe ich ihn mit Chloroform außer Gefecht gesetzt. Da, sehen Sie, hier steht noch die Flasche.«

»HERR NEUMANN! Das ist ja fürchterlich. Und warum haben Sie noch nicht die Polizei gerufen! Das verstehe ich nicht. Und woher haben Sie eine Flasche Chloroform? Das hat man doch nicht im Haushalt griffbereit. Herr Neumann, ich glaube, Sie schwindeln mich schon wieder an!«

Gerald Neumann flippte aus. Er nahm das Küchenhandtuch vom Tresen, schüttete wie wild Chloroform drüber und drückte es der Alten ins Gesicht. Sie wehrte sich nach Kräften, für so eine alte Frau ganz schön heftig, dann wurde sie schlaff und fiel röchelnd in Neumanns Arme. Dieser legte die Frau vorsichtig auf dem Boden ab, gleich neben Bronzo.

Fortsetzung folgt

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Abbildung: Thomas Heise auf Pixabay