BvsN-32

Fortsetzung von Blog Nr. 271

1. März, Mittwoch, 17.30 Uhr.

Kommissarin Brigitta Kuroczyk fragte an der Rezeption des Hotels „Wilder Mann“ nach der Zimmernummer von Dietmar Bronzo. Als sie ihren Dienstausweis vorzeigte, nannte man ihr Zimmer 211, im zweiten Stock. Dort klopfte sie dreimal kräftig an die Tür. Bronzo machte auf, er dachte, es sei das Reinigungspersonal.

»Kommissar Bronzo? Hier Kuroczyk. Wir haben bereits zweimal telefoniert. Jetzt reden wir ein drittes Mal. Live. Teraz porozmawiajmy na osobności.«

»Wie haben Sie mich gefunden?«

»Sie wissen, dass ich Ihre Frau befragt habe. I will find out. Moribund the burgermeister. Peter Gabriel. Myślisz że jestem głupi?«

»Ich verstehe kein Polnisch. Und wer ist Moribund?«

»Ich gehe davon aus, dass ich von Kommissar Bronzo ab sofort Wahrhaftiges höre. WAHRHAFTIGES. PRAWDA. Sie verschwenden sonst meine Zeit.«

»Ich bin im Urlaub.«

»Sie haben versucht, in der Meersburg Therme einen Mann zu töten. Verstehen Sie das unter Urlaub? Wakacje?«

»Ich weiß nicht, wovon Sie reden, Kommissarin.«

»Das wissen Sie. Ich habe sie im Kino gesehen, nackt und mit blutigem Gesicht. Sie sind aus gutem Grunde geflüchtet. Aber nicht weit genug, Kommissar Bronzo. Nicht weit genug. Nie wystarczająco daleko.«

»Neumann hat mich im Dampfbad angegriffen. Ich habe mich nur verteidigt.« Bronzo deutete auf seine verbundene Nase.

»Und warum sind Sie dann im Schwimmbad vor der Polizei geflohen? Warum haben Sie das Bad nicht sofort abriegeln und nach Neumann suchen lassen? Wollen Sie mich für głupi verkaufen?«

»Ich hatte meine Gründe.«

»Sososo, Gründe! So kommen wir nicht weiter, Bronzo. Auch ich fahnde nach Neumann. Aber ich arbeite ehrenhaft. Honorowy.«

»Ich kann helfen, den Mörder an dieser Frau Landauer zu finden. Ich bin davon überzeugt, dass es Neumann ist. Er ist ein Lügner und hat auf seiner Flucht mehrmals Diebstähle begangen.«

»Sie arbeiten eigennützig, Bronzo. Samolubny. UND Sie arbeiten ohne Auftrag. Diesen Fall habe nun ich übernommen. Ich werde dieses Knäuel aus unwahren Fäden entwirren. Ich werde die Fäden sortieren. Verstehen Sie mich, Kommissar Bronzo außer Dienst? Rozumiesz mnie?«

»Hören Sie, Frau Kuroczyk, wir könnten zusammenarbeiten. Ich habe Hinweise, wo sich Neumann inzwischen aufhält.«

»Was ist mit dem Tötungsversuch in der Sauna? Soll das im Nebel bleiben? Der Nebel. Stephen King. Dead can dance. The host of seraphim. Haben Sie die Musik zum Film gehört? Ganz am Ende.«

»Ich verstehe nicht, was Sie meinen, Frau Kuroczyk. Lassen Sie uns in die Bar gehen. Wodka trinken. Über die Sache reden.«

»Sie denken, polnische Frauen trinken Wódka? Ja. Aber ich bin im Dienst, Bronzo. Im Dienst wird nicht Wódka getrunken.«

»Seien Sie mal etwas locker, wir sind hier in Meersburg. Das ist eine Urlaubsstadt.«

»Brednia! Aber gut, gehen wir hinunter. Ich trinke einen Kaffee und Sie erzählen mir, was Sie wissen: über den Aufenthaltsort von Neumann. Und ich denke über den Nebel nach. Mgła w łazience.«

»Warum beenden Sie jeden Satz auf Polnisch, Frau Kuroczyk?«

»So kann ich besser denken, Bronzo. Und ich denke gern. A ja lubię myśleć.«

Bronzo und Kuroczyk setzten sich in der Hotellounge in eine ruhige Ecke in Sessel aus braunem Leder. Sie ließen sich Wodka und Kaffee bringen. An der gegenüberliegenden Wand lief leise der Fernseher. Nachrichten aus der Region.

»Sie haben eine gute Frau, Bronzo. Wir haben uns verstanden. Sie ist loyal zu Ihnen. Das ist schön und dienlich für Sie. To dobrze.«

»Ja, Silke ist ein wunderbarer Mensch. Ohne sie wäre mein Leben nur die Hälfte wert.«

»Die Hälfte! Sososo. Ihre Frau kennt wahrscheinlich auch nur die Hälfte der Wahrheit aus dem Dampfbad. Liege ich damit richtig?«

»Frau Kuroczyk, man kann Ihnen kein X für ein U vormachen.«

»Das ist korrekt formuliert. Aktenzeichen X. Ungelöste Fälle sind meine Spezialität, Bonzo mit „r“. Led Zeppelin. Kashmir.«

»Diesen Song kenne ich. Wer ist Bonzo?«

»So nannte man den Drummer der Band. Bonham. Er war ein Trinker. Zuviel Wodka. Tot. Wo ist Neumann?«

»Neumann hatte in Meersburg eine Frau bei sich. Anscheinend ist es eine gute Freundin von ihm. Sie waren zusammen im Schwimmbad. Sie ist Bedienung in einem Café hier in der Nähe. Sie hat sich krank gemeldet, aber sie ist nicht in ihrer Wohnung. Ich bin mir sicher, sie ist mit Neumann zusammen unterwegs.«

»Und wo sind die beiden jetzt? WO? Gdzie?«

»Barbara Raubinger, so heißt sie, ist Schweizer Bürgerin. Ich glaube, die beiden sind in die Schweiz geflüchtet.«

»Sie glauben? Sie GLAUBEN? Was ist mit den Fakten? Fakty, fakty!«

Bronzo nahm einen großen Schluck von seinem Wodka und sah Brigitta traurig in Augen.

»Sie wissen es nicht, Bronzo. Das ist nicht schön. To nie jest miłe.«

»Haben Sie einen Ehemann, Brigitta? Ich darf doch Brigitta zu Ihnen sagen?«

»Olaf ist in Warschau geblieben. Er hatte kein Verständnis für eine Frau mit Karriere. Brak zrozumienia.«

»Oh, das tut mir leid.«

»Such a small love. Scott Walker. Sie kennen das Lied?«

»Nein, aber wir können es uns gerne auf meinem Zimmer anhören, Brigitta.«

Plötzlich bekam das Gesicht von Bronzo einen überraschten Ausdruck, er glotzte starr auf den TV-Bildschirm.

»Da sind Sie! DA SIND SIE!« Bronzo deutete mit dem Finger in die Richtung des Fernsehers.

»Wer ist da?« Brigitta drehte ihren Kopf.

»Sehen Sie, die Berichterstattung! Eine Ausstellung über Dinosaurier. Ich habe gerade Neumann und die Frau gesehen, unter den Zuschauern! Das kann es doch nicht gebnen! Er war es ganz sicher. Die Frau sah ich im Schwimmbad nur aus der Ferne, aber sie könnte es sein. Der Bericht ist auf Schwyzerdütsch! Die beiden sind also tatsächlich in der Schweiz. Nicht zu fassen!«

»Bronzo, wollen Sie mich auf den Arm nehmen? Einen solchen Zufall gibt es nicht. Co za zbieg okoliczności!«

»Brigitta, Sie bringen mir Glück! Tatsächlich! Da, sehen Sie das Logo? Das ist anscheinend ein Schweizer Sender: Joyiz-TV. Wir können herausfinden, in welchem Ort die Dinosaurierausstellung stattfindet. Das ist die Spur, die wir gebraucht haben. DAS IST DIE SPUR!«

»To jest ślad. Sie sprechen so, als wären wir jetzt ein Team, Bronzo.« Brigitta sah ihn mit ihren schwarzen Augen kalt an, dann grinste sie plötzlich. Bronzo fühlte sich nicht besonders wohl dabei.

»Ja, warum denn nicht, Frau Kuro…, äh, Brigitta. Sie telefonieren mit Leitinger und sagen, Sie brauchen mich zur Unterstützung. Um Neumann finden und verhaften zu können, in der Schweiz.«

»Bronzo, Bronzo!« Brigitta hob den rechten Zeigefinger und bewegte ihn vor und zurück.

Bronzo hatte großes Glück, dass Brigitta Kuroczyk auf schwere und sehr fette Männer stand. Sie bestellte sich nun auch einen Wodka. Dann gingen sie hoch aufs Zimmer und Bronzo suchte, auf der Bettkante sitzend, auf seinem Handy über spotify das Lied von Scott Walker heraus. „Such a small love“. Alles andere als ein fröhliches Lied. Brigitta gab ihm plötzlich einen groben Schubs, er kippte nach hinten, sie sprang aufs Bett und hockte sich breit auf ihn drauf.

»So hast du es mit Neumann gemacht, richtig? Die Zeugen haben es gesagt. Du hättest es beinahe geschafft, Bronzomonster. Im Nebel. Aber jetzt bist du hier bei Brigitta. Teraz jesteś moją wielką świnią.«

Sie riss ihm das Hemd auf, gab ihm eine schallende Ohrfeige, neigte sich zu ihm hinunter und begann an seiner rechten Halspartie zu saugen, zu knabbern und zu beißen. Dabei machte sie komische dunkle Gurrgeräusche. Seine Nase schmerzte von dem Schlag auf die Wange, aber Bronzo ließ das alles geschehen. Er konnte jetzt nichts anderes tun, die wilde Polin hatte ihn ja auch in der Hand. Buchstäblich.

Fortsetzung folgt

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Abbildung: Carlien auf pixabay